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Interview

Auf Reisen mit Max Herre und Joy Denalane

Im Reiseinterview erzählen Vielreisende von ihrem Leben aus dem Koffer. Welche Bücher das Gepäck erschweren, welche Musik sie begleitet und für welches Essen sie alles stehen und liegen lassen würden. Diesmal: Joy Denalane und Max Herre, Musiker, Roadtrip-Fans und unfreiwillige Pfadfinder.

Datum 28.11.2024

Wenn Soul und Hip Hop sich treffen, entsteht nicht selten Magie. Wie im Song „Mit Dir" (1999) von Max Herres Band Freundeskreis und der Soulsängerin Joy Denalane. Seit Jahrzehnten gehören die beiden zur obersten Riege der deutschen Musik-Branche. Der Stuttgarter und die Berlinerin stehen seit langem gemeinsam auf der Bühne, auch privat sind sie ein Team, haben zwei gemeinsame Kinder. Nun haben sie mit „Alles Liebe" (FOUR Music Productions GmbH, November 2024) ihr erstes gemeinsames Album heraus gebracht und gehen auf Deutschland-Tour. Im Interview mit Merian erzählen sie, wie es ist, so viel zusammen auf Reisen zu sein, wie der jeweils andere sie manchmal in den Wahnsinn treibt und welche Musik sie unterwegs begleitet.

„Die Welt ist viel zu schön, um nur einen schönsten Ort zu nennen."
Joy Denalane

Merian: Welches Souvenir überlebt jeden Umzug?

Max Herre: Strandtücher, die wir vor über 20 Jahren in Kapstadt gekauft haben und die irgendwie nicht kaputt gehen. 

Travel Essentials, die auf Reisen nicht fehlen dürfen?

Joy Denalane: Mein Haarkamm, ohne den bin ich ja komplett aufgeschmissen. Und die Sportklamotte muss mit. Dazu viele Bücher. 

Was für Bücher?

Joy: Dostoyevsky‘s „Schuld und Sühne”. Das ist heavy, aber wahnsinnig gut geschrieben. Sehr passend, wenn man sich an einem Ort so richtig einrichtet. 

Was packt ihr immer ein und benutzt es doch nicht?

Joy: Ich packe immer zu viele Klamotten ein. Ich bin eigentlich schon fertig mit dem „Basispacken” meines Koffers und dann fange ich an, noch fünf T-Shirts, drei Hosen und die zwei Paar Schuhe dazu einzupacken, die ich am Ende doch nicht anziehe.

Max: Ich habe auch immer die Vorstellung, dass es ja nicht nur der Turnschuh und der Schlappen sein kann. Es muss ein „guter” Schuh mit. Dieser bessere Schuh, der unausgepackt wieder aus dem Koffer geholt wird. Das ist mein unnützes Item.

Über Rituale und Fotos auf Reisen

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Stehen seit vielen Jahren gemeinsam auf der Bühne: Max Herre und Joy Denalane.

Welche Spezialität ist eine Reise wert?

Max: Für mich alles, was mit griechischer Küche zu tun hat, vor allem Wassermelone und Schafskäse oder Choriatiki. 

Hast du einen bestimmten Ort dafür?

Max: Mein Vater hat lange in Griechenland gewohnt, in den Kykladen gibt es so einen Familienort für uns, das ist einfach eine alte Taverne. Man sitzt unter Lampions direkt am Wasser. Aber mehr verrate ich nicht. 

Rituale, Dinge oder Orte, die ihr an neuen Orten oder immer aufsucht? 

Joy: In Cafés sitzen ist so ein Ritual für uns.
Max: Man kommt in Paris an, am Gare de l'Est und setzt sich zum Beispiel in der Rue du Chateau d‘Eau, früh morgens in so ein Eckcafé, isst Croissant und guckt zu, wie die Stadt langsam aufwacht.

Von was macht ihr unterwegs Fotos?

Joy: Ich bin eine inflationäre Fotografin, mache von ungefähr allem Fotos. Max macht gar keine. Ich könnte einen Band rausbringen von den Fotos, die ich von ihm gemacht habe, wie er an allen möglichen Orten auf der Welt vorweg läuft und auf irgendwas zeigt.

Jede Reise hat ihren eigenen Soundtrack.
Max Herre

Habt ihr jeweils eine Marotte, die den anderen in den Wahnsinn treibt?

Joy: Ja, genau das. Er läuft immer vor mir, und es macht mich wahnsinnig, wenn er mit mir spricht und ich hinter ihm laufend kein Wort verstehe.
Max: Meine Spiegelung kommt direkt: Es gibt kein Tempo der Welt, in dem ich laufen kann, ohne dass Joy immer diesen Abstand von fünf Metern hinter mir bleibt. Sie hat auch keine Idee, ob man links oder rechts oder irgendwo hingehen muss. Also muss ich den Pfadfinder spielen. 

Wer ist der beste Reisepartner eures Lebens?

Joy: Trotzdem Max. Mit ihm verreise ich echt am liebsten. Schon immer. 
Max: Zu zweit zu verreisen, das schafft uns Räume, die wir zu Hause so nicht haben. Roadtrips sind für uns das Allerbeste. Einfach rumfahren, nebeneinander sitzen und Musik hören. 

Wann habt ihr euch zuletzt gedacht, hier könntet ihr für immer bleiben?

Max: In Paternoster in Südafrika. Da kommt ganz viel zusammen. Die Nähe zu Joys Familie. Und es ist einfach ein Fischerort mit einem wahnsinnigen Atlantik-Strand. Du kannst kilometerweit laufen, ohne jemandem zu begegnen. 

Was ist unterwegs besser alleine? 

Joy: Ich reise eigentlich nie alleine. Zusammen lernen wir ständig Leute kennen und landen an irgendwelchen Orten, bei irgendwelchen Essen, in irgendwelchen verrückten Häusern. 

Zum Beispiel?

Joy: In Beja, Portugal, sind wir mit Leuten am Nebentisch ins Gespräch gekommen. Die haben uns auf eine Vernissage eingeladen. Sie nannten es Dada-Festival, in einem wunderschönen aber heruntergekommenen Minischloss. Es war voll mit Künstlern von überallher, es wurde alles mögliche performt und Dada-Gedichte rezitiert. 
 

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Von „Mit Dir" zu „Alles Liebe" – Max und Joy sind ein musikalisches Dreamteam.

Welcher Song weckt Reiseerinnerungen?

Max: Jede Reise hat ihren eigenen Soundtrack. Als wir zuletzt in Südafrika waren, hat Joys Neffe uns eine Amapiano-Playlist gemacht, weil das gerade der Sound in Johannesburg ist. Da gab es einen Song „Unodoli” von Daliwonga, der ist der Hammer.
Es macht total Sinn, sich die Musik anzuhören, die vor Ort eine Rolle spielt. Manche Genres und Musiken erklären sich einem auch erst, wenn man vor Ort ist. Ich habe früher West Coast Hip Hop nicht gemocht, bis ich 1994 in San Francisco war. Dort lief natürlich viel Snoop Dogg und Co. Und ich habe total verstanden, warum das der Sound für diesen Ort ist

Ihr seid ja viel zusammen unterwegs, auch auf Tour. Habt ihr Tipps für harmonisches gemeinsames Reisen?

Max: Mein Tipp wäre, generell im Leben, je mehr man plant, desto mehr kann schiefgehen. Deshalb finde ich, dass es sehr entlastend sein kann, weniger zu planen und mehr passieren zu lassen, wenn man zusammen unterwegs ist. Dann ist auch niemand schuld, wenn was schiefgeht.

Was war schlicht der schönste Ort, an dem ihr je wart?

Joy: Ich finde, die Welt ist viel zu schön, um zu sagen, das war der schönste Ort. 
 

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