© iStock/Eloi_Omella
Sehenswürdigkeiten

Eintritt für Venedig: Was Reisende jetzt wissen müssen

Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig seit Ende April 2024 Eintritt von Gästen: Wer bleiben will, muss zahlen. Was das für Reisende bedeutet und wie das System funktioniert, erfahren Sie hier.

Datum 26.04.2024

Ob Kreuzfahrttourist oder Tagesgast: Millionen Reisende aus aller Welt zieht es jährlich in die italienische Lagunenstadt an der Adria. Kein Wunder, vielerorts gleich das historische Venedig mit seinen Palästen, den Kanälen und Brücken einem Freilichtmuseum. 

Eine Vorstellung, die seit Ende April nun nahezu Realität ist. Denn ab sofort verlangt Venedig von seinen Gästen ein Eintrittsgeld. Wer zwischen 8.30 Uhr und 16 Uhr als Tagesurlauber kommt, muss fünf Euro zahlen. Ein Modell, das weltweit bisher einmalig ist und von anderen Tourismus-Hotspots mit Spannung verfolgt wird. 

Warum erhebt Venedig Eintritt?

© IMAGO/Kyodo News
Seit dem 25. April müssen Reisende für einen Besuch in Venedig Eintritt bezahlen.

Der ausschlaggebende Grund für das neue Eintrittsgeld ist ein Phänomen, das viele europäische Städte und ihre Anwohner:innen zunehmend vor Herausforderungen stellt: Der Overtourism richtet auch in Städten wie Amsterdam, Barcelona oder Dubrovnik inzwischen beträchtlichen Schaden an. An Straßen und Gebäuden, aber auch in der Gesellschaft. Der ewige Trubel und die horrenden Preise bringen viele Leute dazu, ihre Heimat für immer zu verlassen.

In Venedig lässt sich das schon längere Zeit beobachten: In der Altstadt leben aktuell noch 48.997 feste Einwohner, davon die meisten im Rentenalter. Vor ein paar Jahrzehnten waren es noch 175.000. Dafür gibt es mittlerweile mehr als 50.000 Gästebetten. Schon jetzt, weit vor der Hochsaison, ist in den engen Gassen rund um Markusplatz und Rialtobrücke kaum noch ein Durchkommen. An einzelnen Tagen sind in der Stadt mehr als 100.000 Tourist:innen unterwegs. 

Eintritt für Venedig: Wie funktioniert das?

Ab sofort müssen Kurzzeitgäste fünf Euro „contributo di accesso“ (Zugangsbeitrag) zahlen, durchgehend vom 25. April bis zum 5. Mai und dann mit einer einzigen Ausnahme an allen Wochenenden bis Mitte Juli - insgesamt 29 Tage, an denen der Betrieb erfahrungsgemäß besonders groß ist. Das funktioniert, indem man sich übers Internet einen QR-Code besorgt und aufs Handy lädt. Andernfalls werden 50 bis 300 Euro Strafe fällig. Noch vor dem Start haben sich bereits mehr als 130.000 Leute einen Code besorgt.

Kontrolliert wird insbesondere am Bahnhof und an den wichtigsten Anlegestellen der Boote wie dem Markusplatz. Ausgenommen sind Einheimische, Pendler:innen und Kinder unter 14. Übernachtungsgäste brauchen ebenfalls einen Code, bekommen den aber von der Unterkunft kostenfrei bereitgestellt. 

Venedig: Kritik am Eintrittsgeld

© Unsplash/Angelo Casto
Der Venice Simplon-Orient-Express fährt von März bis Oktober regelmäßig nach Venedig.

Bei den Hoteliers der Stadt ist die Gebühr wenig beliebt, weil sie zusätzliche Arbeit macht. Viele reden von „Schikane“. Auch Geschäftsleute und Bürgerinitiativen versuchten über Jahre hinweg, das Vorhaben zu stoppen. 

Der ehemalige Bürgermeister Massimo Cacciari wetterte gegen eine „Steuer aus dem Mittelalter“: „Nur Verrückte können sich einbilden, dass sie Venedig wieder zum Leben erwecken, indem sie die Durchreisenden besteuern.“ Ohne Erfolg: Im Stadtrat gab es im Herbst eine klare Mehrheit - was auch damit zusammenhing, dass die Unesco damals kurz davor war, Venedig auf die Rote Liste des „bedrohten Weltkulturerbes“ zu setzen.

Was bringt das Eintrittsgeld für Venedig?

Der amtierende Bürgermeister Luigi Brugnaro versichert: „Es geht nicht darum, Kasse zu machen. Die Aktion kostet mehr als wir einnehmen. Erstes Ziel ist es, die Stadt zu schützen und wieder lebenswert zu machen.“ Auch Expert:innen kamen beim Nachrechnen zu dem Schluss, dass die erwarteten Einnahmen gerade ausreichen, um die nötige Infrastruktur und die Kontrollen zu finanzieren. Bislang bliebe also gar nichts übrig, um - wie versprochen - mit dem Geld Kanäle, Straßen und Gebäude zu sanieren.

Zudem sind viele skeptisch, ob das „Venedig-Ticket“ tatsächlich etwas bringt. Warum sollte sich in einer Stadt mit teils irrwitzigen Preisen jemand von fünf Euro abschrecken lassen? Im Caffè Florian am Markusplatz kostet der Cappuccino inzwischen zwölf Euro. Der Abend-Tarif für eine halbe Stunde Gondelfahrt liegt bei 110 Euro.

Was passiert nach der Testphase?

Offiziell ist alles bislang nur ein Versuch: Über den 14. Juli hinaus gibt es noch keine Termine zu buchen. Doch kaum jemand erwartet, dass die einmal eingeführte Gebühr rückgängig gemacht wird, wenn das alles halbwegs funktioniert. Wahrscheinlicher ist, dass künftig an mehr als 29 Tagen Geld verlangt wird, und dann möglicherweise auch gestaffelt nach Belastung. 

Bürgermeister Brugnaro deutete das auch schon an: „Am Ende des Jahres werden wir Bilanz ziehen und unser Ziel anpassen, indem wir die Preise für die meistgebuchten Termine vielleicht anheben.“ Vielleicht werden für Venedig dann keine fünf Euro mehr fällig, sondern zehn, zwanzig oder mehr. So wie in den großen Museen.

– mkr mit dpa