Vom 29. September 2023 bis zum 28. Januar 2024 zeigt die Bundeskunsthalle in Bonn die Ausstellung „Alles auf einmal. Die Postmoderne, 1967-1992“. Besucher:innen können sich hier auf die Spuren großer Kulturdebatten begeben.
Datum 29.09.2023
Donald Trump und Wladimir Putin sind damit „diagnostiziert“ worden, Putins Chefideologe Alexander Dugin benutzt es als Schimpfwort: postmodern. Die Bundeskunsthalle in Bonn widmet der Postmoderne eine große Ausstellung – und beleuchtet damit eine Zeit, in der es in Kunst, Design, Architektur und Gesellschaft drunter und drüber ging und in der bis heute aktuelle Konflikte und Kulturdebatten ihren Anfang nahmen. Das Kuratorinnenteam ist sicher: Wer das Heute verstehen will, muss zurück in die Jahre 1967 bis 1992.
„Eine Zeit, die uns aus dem Abstand einer Generation erstaunlicherweise viel über uns und unsere Gegenwart verrät“, schreibt Intendantin Eva Kraus im Katalog zur Ausstellung, die am Freitag, den 29. September eröffnet wird. Die Ausstellung ist aber weit mehr als Geschichtsstunde. Gezeigt wird Kunst, Architektur, Design, Philosophie, Mode und Film mit Lust auf Humor und Spektakel.
In den 1960er-Jahren packt der Architekt Robert Venturi eine riesige, aber völlig funktionslose Fernsehantenne auf ein Altenheim. Die Zeit der um Struktur bemühten Moderne geht langsam vorbei, es werden wieder sinnlose Schnörkel gewagt. Aus „form follows function“ wird „form follows fun“. Wenige Jahre später kopiert die Künstlerin Elaine Sturtevant eins zu eins einen Andy Warhol und gibt das Kunstwerk als ihr eigenes aus. Auf einem anderen Werk nimmt sie noch eine Roy-Lichtenstein-Kopie dazu. „Das ist eigentlich Internet. Man kombiniert einfach Sachen“, sagt Co-Kurator Kolja Reichert. „Du nimmst was vom Genie? Es gibt kein Genie!“ Es ist bei weitem nicht die einzige Parallele zur Gegenwart.
Gezeigt wird etwa ein Auftritt von Jefferson Airplane, die das allererste Rooftop-Konzert der Geschichte geben. Ein subversives Happening? Ein Kameraschwenk zeigt das Logo der Plattenfirma an der Hochhausfassade darüber. „Das ist schon voll Kapitalismus“, sagt Reichert. “Es ist die Vereinnahmung der gegenkulturellen Energie für ein Spektakel. Wir sehen hier den Anfang der ‚Festivalisierung' der Gesellschaft.“
Der Philosoph Jacques Derrida entwickelt in der Zeit die Methode der Dekonstruktion: Kunstwerke oder Gesellschaft werden nicht mehr auf einen dahinterliegenden Sinn interpretiert – sondern dahinter steht gar nichts. Die Überzeugung: „Wenn wir Kunstwerke genauer anschauen, bröselt sich alles auf in viele mögliche Lesarten“, erklärt Reichert. Es wird kompliziert in der Zeit, aber auch aufregend.
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Bundeskunsthalle Bonn: Aktuelle Ausstellung über die Postmoderne
Die Ausstellung „Alles auf einmal. Die Postmoderne, 1967-1992“ in der Bundeskunsthalle macht deutlich: Schon Jahrzehnte vor Talkshows und Gesetzentwürfen für und wider gendergerechte Sprache und Streit um Fleischkonsum wurden Kulturkämpfe durchgefochten. Es sei notwendig, noch einmal anzusehen, „wie das alles begann mit der Kulturalisierung der Politik, der Ökonomisierung der Kultur, der Entpolitisierung der Ökonomie und der Politisierung der Identität“, schreibt Reichert in einem Aufsatz im Katalog.
„Ich habe den Eindruck, dass wir jetzt wieder Kämpfe führen, die sie damals alle schon gekämpft haben, und dass wir eigentlich immer noch mit diesen Geistern der Moderne rumlaufen“, sagt er. „Es wird gestritten um die richtige Sprache für alle, um die richtige Art zu leben für alle. Das haben sie damals alles schon durchgekämpft und heute ist alles so verbissen.“
Besucher:innen können sich zwar ihren Teil zu heutigen Debatten denken, die Ausstellung ist aber nicht akademisch. Kunst, Design, Architektur aus der Zeit der Postmoderne versprühen Lust an bizarrem Spektakel und Humor. „Das war unsere große Entdeckung: wie lustig das alles war“, sagt Reichert.
Gebäude der Moderne werden wortwörtlich gesprengt. Stanley Tigerman versenkt einen Pavillon von Ludwig Mies van der Rohe im Lake Michigan. Die Künstlergruppe Ant Farm jagt einen zu einer Rakete umgebauten Cadillac durch eine Wand aus Fernsehgeräten. In der Kunst wird zitiert (oder: geklaut?), was das Zeug hält und im Design werden Geschmacksfragen beantwortet mit „Anything goes“ – „alles ist möglich“.
Bundeskunsthalle: Postmoderner Bau in Bonn
Den Schlusspunkt der Postmoderne setzen die Ausstellungsmacherinnen im Jahr 1992. In diesem Jahr wird auch die Bundeskunsthalle in Bonn eröffnet. Den postmodernen Bau bezeichnen die Verantwortlichen als das „größte Exponat“ der Ausstellung. „Alles auf einmal. Die Postmoderne, 1967-1992“ läuft noch bis 28. Januar.
Aktuellen Ausstellung in der Bundeskunsthalle: Laufzeit, Öffnungszeiten und Preise
Die Ausstellung „Alles auf einmal. Die Postmoderne, 1967-1992“ läuft vom 29. September 2023 bis zum 28. Januar 2024. Die Bundeskunsthalle ist dienstags von 10 bis 19 Uhr geöffnet, mittwochs von 10 bis 21 Uhr, donnerstags bis sonntags jeweils von 10 bis 19 Uhr.
Der Eintritt beträgt 13 Euro, ermäßigt 6,50 Euro. Für Besucher:innen bis einschließlich 18 Jahre ist der Eintritt frei.
-Gregor Bauernfeind, dpa
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