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Zugreise

Venice Simplon-Orient-Express: Nostalgie trifft auf Luxus

Er ist der König unter den Luxuszügen – und gleichzeitig eine wahr gewordene Legende, die noch heute fasziniert. MERIAN verrät spannende Details zur Geschichte des Venice Simplon-Orient-Express – sowie Routen, Preise und Ausstattung.

Text Milena Härich
Datum 08.07.2023

Wohl kein anderer Zug der Welt verfügt über einen so hohen Bekanntheitsgrad wie der Orient-Express – oder, wie er heute genannt wird, der Venice Simplon-Orient-Express. Kein Wunder, der Fernreisezug hat schließlich eine sehr lange Historie: Schon im Jahr 1883 rollte er erstmals über die Gleise, auf der Strecke Paris - Konstantinopel. Noch nie zuvor hatte es einen Zug gegeben, der seine Passagier:innen auf luxuriöse Art und Weise an die verschiedensten Orte in Europa – und sogar darüber hinaus – bringen konnte.

Auch durch literarische Adaptionen gewann der Orient-Express im 20. Jahrhundert an Bekanntheit. Schon Agatha Christie ließ sich von dem rollenden Palast inspirieren und schrieb 1934 den Klassiker „Mord im Orient-Express“, der seither bereits fünfmal verfilmt wurde. Auch Schriftsteller Graham Greene nutzte die Faszination, die von dem Zug ausgeht, für sein literarisches Werk: Sein Roman „Stamboul Train“ erschien bereits im Jahr 1932. Noch heute können Gäste den Mythos Orient-Express bei einer Fahrt durch Europa selbst erleben. Der Zug verkehrt hauptsächlich auf der Strecke Paris - Venedig, doch er fährt auch andere Städte wie London, Amsterdam, Rom oder Wien an. Alles Wissenswerte erfahren Sie im Folgenden.

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Wem gehört der Orient-Express?

Venice Simplon-Orient-Express © IMAGO/epd
In Royalblau und Gold kommt der Venice Simplon-Orient-Express daher.

Der Venice Simplon-Orient-Express gehört zum Portfolio des Luxus-Reiseveranstalters Belmond. Belmond ist eine Tochtergesellschaft des Luxus-Unternehmens LVMH.

Wo fährt der Venice Simplon-Orient-Express?

Venedig mit Gondel und Wassertaxi © Unsplash/Angelo Casto
Der Venice Simplon-Orient-Express fährt von März bis Oktober regelmäßig nach Venedig.

Der Venice Simplon-Orient-Express verkehrt zu ausgewählten Terminen von März bis Oktober auf der Strecke Paris - Venedig. Für Passagier:innen ist der Einstieg in beiden Metropolen möglich; auch Teilstrecken sind buchbar. Zwischenstopps sind beispielsweise die Städte Basel, Zürich oder Verona. Manchmal findet die Abfahrt bereits in London statt; die englische Teilstrecke wird dann mit dem Schwesterzug British Pullman zurückgelegt. Weitere Destinationen, die deutlich seltener angefahren werden, sind unter anderem:

Einmal im Jahr findet ein besonderes Highlight statt: Dann transportiert der Orient-Express seine Gäste auf der Originalstrecke von Paris nach Istanbul, wo sich früher Konstantinopel befand, und zurück. Die Fahrt führt unter anderem durch Bukarest. Die Reise ist für 2023 schon restlos ausgebucht; erst 2024 wird es wieder möglich sein, diesem nostalgischen Erlebnis beizuwohnen.

Wie lange dauert eine Fahrt mit dem Orient-Express?

Die meisten Routen des Zuges beinhalten nur eine Übernachtung, es gibt aber auch drei-, fünf- und sechstägige Reisen. Wer eine mehrtägige Reise bucht, übernachtet in der Regel zwischendurch im Hotel – zum einen, weil die meisten Kabinen keine Dusche aufweisen, zum anderen, weil in verschiedenen Städten Zwischenstopps fürs Sightseeing eingelegt werden.

Venice-Simplon-Orient-Express: Neuerungen im Jahr 2024

Wie das Belmond-Kollektiv bereits mitteilte, wird London als Abfahrtsort und Reiseziel ab dem kommenden Jahr komplett entfallen. Begründet wurde diese Entscheidung mit vermehrten Grenzkontrollen und damit einhergehend häufigen Verzögerungen im Zugreiseverkehr, die aufgrund des Brexit entstanden sind. Das passt nicht in die serviceorientierte Agenda des Luxusreiseveranstalters, dem die Bequemlichkeit seiner Gäste ein hohes Anliegen ist.

Außerdem soll 2024 ein neuer Zug an den Start gehen: der Orient Express La Dolce Vita, der Reisende durch 14 Regionen Italiens bringt. Die Hotelkette „Accor“ arbeitet derzeit an der Planung zweier Orient-Express-Hotels, die im kommenden Jahr eröffnen sollen – in Rom wird es das „Orient Express La Minerva“ geben, in Venedig das „Orient Express Palazzo Donà Giovannelli“.

Übrigens: Unsere Kolleg:innen von Robb Report nehmen Sie mit auf eine Reise durch Italien mit dem Orient Express La Dolce Vita.

Ausstattung an Bord des Venice Simplon-Orient-Express

© IMAGO/ZUMA Wire
Alle Waggons und Suiten im Venice Simplon-Orient-Express sind mit den edelsten Materialien ausgestattet.

Schon von außen sieht der berühmte Zug opulent und prächtig aus: Die 17 originalgetreu restaurierten Waggons sind in Royalblau und Gold gehalten. Wer einen Blick ins Innere wirft, wird fasziniert sein: Die Ausstattung ist mindestens genauso edel. Hochwertiges dunkles Teakholz, das für die lackierten Vertäfelungen genutzt wird, trifft auf Samtpolster, weiße Tischdecken treffen auf florale Tapeten aus Velours. Überall gibt es Kristallgläser, poliertes Messing und gepolsterte Sessel. Neben den luxuriösen Schlafwagen gibt es drei Restaurantwagen, einen Piano-Barwagen, einen Service- und Gepäckwagen sowie eine Boutique, in der Gäst:innen Wohnaccessoires mit Orient-Express-Bezug erstehen können.

Gastronomie im Orient-Express

In den drei unterschiedlichen Speisewagen werden köstliche Gerichte vom französischen Gourmet-Koch Christian Bodiguel gereicht, etwa gegrillter Hummer mit frischer Kressebutter oder karamellisierte Apfeltörtchen. Für Naschkatzen gibt es eine Auswahl an Konfekt; zu empfehlen ist auch der kolumbianische Kaffee. Die drei Restaurantwagen im Nostalgie-Zug heißen:

  • Lalique (36 Sitzplätze)
  • Etoîle du Nord (34 Sitzplätze)
  • Chinoise (36 Sitzplätze)

Der Barwagen wurde von Gérard Gallet entworfen und durfte schon Berühmtheiten wie Cher, Gregory Peck und Alan Whicker begrüßen. Unser Tipp: Probieren Sie unbedingt den Drink namens „12 Guilties“.

Reiseerlebnis Orient-Express: Kabinen der Extraklasse

Venice Simplon-Orient-Express, Badezimmer der Grand Suite © IMAGO/ZUMA Press
Wer in einer der Grand Suiten residiert, kann sich über ein eigenes Badezimmer freuen.

An Bord gibt es vier verschiedene Abteilkategorien: Gäste haben die Wahl zwischen Einzel-Abteil, Doppel-Abteil, Cabin Suite und Grand Suite. Insgesamt fasst der Venice-Simplon-Orient-Express maximal 176 Passagier:innen. Die Einzel- und Doppelkabinen sind zwar nicht ganz so geräumig wie die Suiten, stehen diesen in puncto Interieur aber ich nichts nach. Auch hier werden Fahrgastträume Wirklichkeit: Ein hübsches Zwanzigerjahre-Waschbecken ist ebenso vorhanden wie ein kleiner, geräumiger Tisch mit Stuhl, eine regulierbare Heizung und Leselampen. Außerdem gibt es weiche Handtücher und Nackenrollen. In jeder Kabine gibt es einen Waschtisch. Pro Waggon steht Übernachtenden eine Toilette zur Verfügung; das Frühstück und der Nachmittagstee werden vom Steward in die Kabine gereicht.

Die Cabin Suiten verfügen über mehr Fläche, da sie jeweils aus zwei privaten Abteilen mit Verbindungstür bestehen. Es gibt hier eine Art Lounge-Bereich mit schicken Polstermöbeln, Fußbank und kleinem Tisch; ansonsten ist auch hier natürlich die Ausstattung der Einzel- und Doppel-Abteile vorhanden.

Venice Simplon-Orient-Express: Die Grand Suiten

Als Inbegriff von Glamour können die Grand Suiten des Zuges bezeichnet werden – daher starten die Preise für eine Übernachtung hier auch bei 9.970 Pfund (etwa 11.680 Euro) pro Person. Erst seit 2018 gibt es diese Schlafwagen-Klasse; die Original-Waggons bleiben dem Stil der Zwanziger Jahre aber treu. In einem Waggon befinden sich lediglich drei Grand Suiten – daher haben Reisende hier enorm viel Platz. Die Grand Suiten sollen das Gefühl von grenzenlosem Luxus vermitteln, der schon in den Goldenen Zwanzigern nur den reichsten Menschen vorbehalten blieb. Deshalb profitieren Passagier:innen hier von einigen Annehmlichkeiten, beispielsweise werden sie mit Champagner und Kaviar begrüßt. Im Preis inklusive ist auch ein Privattransfer zwischen Hotel und Bahnhof am Abfahrts- und Zielort. Hinzu kommt, dass Ihnen ein Zweiertisch in einem der Speisewagen garantiert wird. Auch in den Grand Suiten gibt es natürlich einen großzügigen Lounge-Bereich – mit Samtpolstern, poliertem Teakholz, hochwertigem Marmor und zwei Betten mit edler, weicher Bettwäsche. Darüber hinaus verfügen diese Kabinen über ein eigenes WC und eine Dusche.

Venice Simplon-Orient-Express: Service an Bord

Das glamouröse Ambiente des nostalgischen Zuges wird durch den exzellenten Service an Bord nochmals aufgewertet. Für jede Schlafkabine steht ein Steward zur Verfügung, der sich rund um die Uhr um die Belange seiner Gäste kümmert – sei es das Servieren des Frühstücks oder des Tees, das Beziehen der Betten, während Sie beim Dinner sind, oder die Aufbewahrung Ihrer Reisedokumente. Jeder Schlafwaggon verfügt über einen Knopf, mit dem Sie den Steward jederzeit zu sich rufen und ihn um seine Dienste bitten dürfen. Alle Mitarbeitenden im Orient-Express geben auch gerne Tipps für die Freizeitgestaltung an den Zwischenstopps.

Im Reisepreis inklusive ist übrigens auch die Verpflegung – vom Frühstück über Mittagessen und den Nachmittagstee bis hin zum Menü zu Abend. Das Frühstück und der Tee werden in der Kabine gereicht, das Mittag- und Abendessen in den exklusiven Speisewagen. Für diejenigen, die die Reise von London aus antreten, wird automatisch ein Platz im British Pullman, einem Belmond-Zug auf der englischen Teilstrecke, reserviert.

Am Abend sollten Sie unbedingt nach dem Dinner den Barwagen besuchen, der neben tollen Getränken auch mit einem Piano aufwartet. Hier gibt es oft Live-Musik-Sessions, bei denen sich der Tag bestens ausklingen lässt.

Orient-Express: Preise für die Zugreise

Die Preise für den Venice Simplon-Orient-Express variieren je nach Reisedauer und -ziel sowie nach Kabinenkategorie. Wer ein Doppel-Abteil ohne Lounge-Bereich und nur eine Übernachtung bucht, wird deutlich weniger Geld ausgeben als diejenigen, die sich den Luxus einer Grand Suite gönnen wollen. Trotzdem muss Reisenden klar sein: Eine Fahrt mit dem Orient-Express ist ein einmaliges Erlebnis und vom Preisniveau daher sehr hoch. Grundsätzlich starten die Preise für ein Einzel- oder Doppel-Abteil bei 3.553 Pfund (etwa 4.160 Euro) pro Person – für eine Übernachtung. Eine Cabin Suite ist ab etwa 6.600 Pfund (etwa 7.730 Euro) pro Person buchbar, die Grand Suite startet bei 9.970 Pfund (etwa 11.680 Euro) pro Passagier:in. Je länger Sie unterwegs sind, desto mehr müssen Sie einplanen – auch für Trinkgeld und die Verpflegung während der Zwischenstopps. Im kommenden Jahr werden die Preise voraussichtlich noch etwas höher liegen.

Venice Simplon-Orient-Express: Tickets buchen

Für 2023 sind schon sehr viele Zugreisen mit dem Orient-Express ausgebucht, so zum Beispiel auch das jährliche Highlight, die Fahrt nach Istanbul. Es gibt jedoch eine Warteliste des Betreibers Belmond, auf der sich Interessierte eintragen können. Für 2024 lassen sich noch Reisen zu vielen Terminen buchen. Die Buchung kann direkt beim Anbieter Belmond erfolgen, aber auch bei anderen Reiseportalen und -anbietern, zum Beispiel bei Ameropa oder Lernidee. Manchmal finden sich hier auch spontan etwas günstigere Angebote.

Orient-Express: Die Geschichte einer Legende

Am 5. Juni 1883 brach der Orient-Express zu seiner ersten Reise auf. Von Paris aus ging es ins damalige Konstantinopel – und das in einer bis dato völlig ungewohnten Atmosphäre des Luxus. Erfinder des Zuges war der Belgier Georges Nagelmacker, der eine eigene Gesellschaft namens „Compagnie des Wagons-Lits“ (Gesellschaft für Schlafwagen) gründete und dann den Orient-Express auf die Schienen brachte. Eine Besonderheit in dieser Zeit war es auch, dass die unterschiedlichsten europäischen Länder trotz zahlreicher Konflikte und Herausforderungen zusammenhalten mussten: Nagelmacker schloss zahlreiche Verträge mit Nachbarstaaten, um die Bahnreise zukunftssicher zu gestalten. Das brachte die verschiedenen Staaten einander näher und ermutigte mehr Menschen dazu, die eigenen Nachbarländer kennenzulernen.

Mit dem nahenden Beginn des Ersten Weltkrieges änderte sich die Kooperationsbereitschaft der Regierenden; der Orient-Express transportierte infolgedessen nur noch Politiker, die zu Staatsgesprächen und Banketten fuhren. Für die zivile Bevölkerung wurde eine neue Strecke, die durch Kroatien, Italien und die Schweiz führte, entwickelt. Von nun an nannte sich der Zug Simplon-Orient-Express.

Schon bald wurde der Luxuszug zum Statussymbol der Reichen und Schönen; schon die Innenausstattung aus feinstem Teakholz, opulenten Teppichen und dem besten Kristall sorgte dafür. Besonders in den Goldenen Zwanzigern füllten sich die Waggons mit Berühmtheiten, von Filmstars über Politiker bis hin zu Adeligen. Deshalb wurde der Orient-Express häufig auch als „Zug der Könige“ betitelt. Jahrelang hatte der Fernreisezug eine monopolähnliche Stellung inne; nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch etablierten sich weitere Strecken der Konkurrenz, die viel günstiger waren und teilweise sogar mehr Gäste anzogen. Das hatte zur Folge, dass immer mehr Teilstrecken des Orient-Express gestrichen wurden – und der Verkehr in den Sechzigern sogar gänzlich zum Erliegen kam.

Die Renaissance des Venice Simplon-Orient-Express

Die Geschichte des Zuges sollte hier jedoch noch nicht zu Ende sein: Zu Beginn der Achtziger Jahre veranlasste der englische Unternehmer James B. Sherwood die Restaurierung des Originalzuges im Art-Déco-Stil der Zwanziger Jahre. Bereits am 25. Mai 1982 ratterte der Nachfolger des Orient-Express, der seither Venice Simplon-Orient-Express genannt wird, über die Schienen.