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Kultur

Emirat Sharjah: Kultur und alte Traditionen

Wüste, Hochhäuser und historisches Erbe: Sharjah liegt nur eine kurze Autofahrt von der Glitzermetropole Dubai entfernt – und präsentiert sich doch ganz anders als sein Nachbar. Eine Reise in ein wenig bekanntes Emirat.

Text Julia Sorge
Datum 12.01.2023

Der Toyota Land Cruiser prescht über die Dünen. Ein Geländewagen, wie gemacht für den feinen Wüstensand, der in diesem Teil des Emirats Sharjah bis zum Horizont sanft gewellte Hügel formt. Ich kralle mich an den Griffen im Wageninneren fest. 

Mit Schwung geht es hinauf auf eine Düne, eine Sekunde verharrt der Wagen auf dem Kamm, um dann mit Tempo hinab zu schlittern. Das Herz pocht noch, als das Auto zum Stehen kommt. „Wir sind da“, erklärt der Fahrer gelassen. Er ist die Ruhe selbst, die Sanddünen sind seit Jahren seine Spielwiese.

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Sharjah: Ausflug in die weite Wüste

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Die Wüste liegt östlich von Sharjah-Stadt. Sie beginnt gleich hinter den letzten Wohnhäusern.

Riesige Teppiche liegen in der Weite des orange-roten Sandes. Darauf Sitzkissen für die Besucher:innen – und in der Mitte eine Querstange, auf der zwei Falken mit einer Haube auf dem Kopf sitzen. Die Wüste – mal mit Steinen, mal mit Sanddünen – beginnt gleich hinter den letzten Häusern von Sharjah-Stadt, der am Persischen Golf gelegenen Hauptsiedlung des Emirats Sharjah. 

Nach Abu Dhabi und Dubai ist es das drittgrößte der sieben Vereinigten Arabischen Emirate. Mit seinen rund 2600 Quadratkilometern Fläche hat es etwa die Größe von Luxemburg. Nur 20 Minuten dauert die Fahrt vom Flughafen Dubai bis nach Sharjah-Stadt, hier leben geschätzte 85 Prozent der mittlerweile rund 1, 4 Millionen Einwohner:innen des Emirats. Größere Ortschaften liegen außerdem in den drei Exklaven Dibba al Hisn, Khor Fakkan und Kalba an der Ostküste am Golf von Oman und in der Stadt Al Dhaid im Zentrum des Emirats.

Kultur-Hauptstadt Sharjah

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Stadt und Meer, Wüste und Berge bilden interessante Kontraste in der Region, das Klima ist subtropisch-trocken. Herrscher ist seit 1972 Sheikh Dr. Sultan Bin Mohammad Al Qasimi. Von der Glitzerwelt Dubais mit ihren Superlativen ist in Sharjah-Stadt nicht viel zu sehen, das Emirat lässt es ruhiger angehen, besonders in Punkto Nachtleben. Auch hier kündet eine Skyline mit Wolkenkratzern vom Reichtum durch Erdöl und -gas, doch der Fokus liegt auf Kultur – das Emirat will sein historisches Erbe bewahren und es den Besucher:innen näher bringen. Dazu gehören Veranstaltungen wie das Light- oder das Water-Festival, aber auch die Biennale für zeitgenössische Kunst. 2014 war Sharjah zudem Hauptstadt der Islamischen Kultur.

Wer an einem Montagvormittag die Al Noor Moschee in Sharjah-Stadt besucht – erbaut für die Frau des Herrschers und die einzige der vielen Hundert Moscheen Sharjahs, die auch für Nichtmuslim:innen zugänglich ist -, kann nicht nur den Gebetsraum des Gotteshauses besichtigen, er bekommt auch einen Schnellkurs in den Grundlagen des Islam und in Landeskunde, organisiert vom Verein „The Sharjah Centre for Cultural Communication“. Von den Fünf Säulen des Islam über rituelle Waschungen bis zum Kleidungsstil: Engagierte Mitarbeiter:innen bringen den Besucher:innen die Kultur ihres Landes näher, denn Religion und Leben sind im Emirat fast untrennbar miteinander verbunden. Viel mehr noch: Sharjah gilt als eines der konservativsten der Arabischen Emirate. Die Scharia – das religiöse Gesetz des Islam – ist hier geltendes Recht. Sie ist unter anderem maßgebend für eine deutliche Benachteiligung von Frauen in verschiedenen Bereichen der Rechtssprechung.

Noch mehr über den Islam erfährt man im modern ausgestatteten Museum of Islamic Civilization, eines von mehr als 20 Museen Sharjahs, das in einem Gebäude mit hübschen Rundbögen untergebracht ist. Etwa 5000 Artefakte aus der islamischen Welt sind hier ausgestellt, darunter Kunstgegenstände, Teppiche, Kalligrafien und ein Modell der Kaaba in Mekka. Ganz oben unter dem Dach liegt eine Cafeteria. Zwar werden hier zeitweilig keine Getränke ausgeschenkt, einen Besuch ist sie dennoch wert, denn in der Kuppel ist ein prächtiges Mosaik vom Sternenhimmel mit Tierkreiszeichen angebracht.

Einkaufsbummel in der Heritage Area

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Der Geschichte auf der Spur sind Besucher:innen in der sogenannten Heritage Area, einem Teil der Altstadt von Sharjah-Stadt, der restauriert und teilweise wiederaufgebaut wurde. Mit dem Bait Al Naboodah, dem Al-Naboodah-Haus von 1845, in dem einst die Perlenhändlerfamilie Al Shamsi wohnte, ist ein Stück traditionelle Architektur bis in die Gegenwart erhalten: Zweistöckige Gebäude aus Korallenstein liegen rund um einen geräumigen Innenhof, die Räume sind im Stil jener Zeit ausgestattet und erzählen vom Leben damals. 

Der überdachte Souk Al Arsah, vermutlich der älteste Souk in den Vereinigten Arabischen Emiraten, liegt gleich nebenan. Charcoal Souk, Kohlenmarkt, wurde er früher genannt. Hier trafen sich die Beduinen samt ihrer Kamele und tauschten Kohle gegen Reis, Gewürze und Seide. In den kleinen Geschäften gibt es heute Kunsthandwerk, Teppiche und allerlei Krimskrams; ein Fotostudio zeigt Männer mit traditioneller Kopfbedeckung: einem weißen Tuch, das vom Agal, einer doppelt gedrehten schwarzen Kordel gehalten wird.

Weniger historisch geht es auf den anderen Märkten der Stadt zu. Architektonisch am schönsten ist wohl der Central Souk, auch Blue Souk genannt. In dem langgezogenen Gebäude mit Rundbogenfenstern und blauen Mosaiken werden vor allem Goldschmuck wie Armreifen und Ketten, aber auch Teppiche verkauft. Frauen in Abbaya, einem langen schwarzen Gewand, mit Kopftuch und Gesichtsschleier schauen in die Auslagen, mitunter lässt eine ausgefallene Sonnenbrille erkennen, dass ihre Trägerin durchaus auf Mode achtet.

Quirlig geht es auf dem Fischmarkt zu. Händler bieten Hammour, eine Barschart, Hamra, ein Red Snapper, Garnelen, Muscheln und große Krebse mit blauen Beinen aus dem Persischen Golf an. Gegenüber auf dem Obst- und Gemüsemarkt warten neben Auberginen, Papayas und Kräutern auch Datteln in vielen Sorten auf Abnehmer:innen. Zu großen Haufen aufgeschichtet liegen sie an den Ständen, wer welche kaufen möchte, muss sich durchprobieren – die Händler bestehen darauf. Gewürze, getrocknete Zitronen, Weihrauch, Kaffee – er wird in den Emiraten oft mit Kardamom getrunken und mit den Kapseln zusammen gemahlen – gibt es auf dem Souk Al Bahar am Sharjah Creek. Mit Rosenblättern umhüllte Süßigkeiten aus dem Iran, Kandisstäbchen mit Safran und Kaugummi mit Weihrauchgeschmack sind hier genau so zu haben wie rotgemusterte Design-Herrenkopftücher von Versace, Bentley oder Kenzo und betörend duftende Parfumöle, die aus goldbedruckten Flaschen in kleine Flakons abgefüllt werden.

Flanierpromenaden statt Partymeilen in Sharjah-Stadt

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Der Fokus im Emirat Sharjah liegt auf Kultur – wie hier zum Beispiel das Light-Festival.

Wer abends ausgehen möchte, steuert das Viertel Al Qasba oder die Al Majaz Waterfront an. Al Qasba liegt rechts und links eines Kanals zwischen zwei Lagunen, weithin sichtbar ist sein Wahrzeichen, das 60 Meter hohe Riesenrad „Eye of the Emirates“. Eine wilde Meile zum Feiern wird man hier nicht finden, doch wenn abends die Lichter der Hochhäuser in der Ferne glitzern und einem der warme Wind vom Golf durch die Haare streicht, stört das wenig. 

Nach einem Spaziergang entlang der palmenbestandenen Promenade lohnt es sich, in einem der Restaurants oder Cafés einzukehren. An der Al Majaz Waterfront kann man mit traumhaftem Blick über die Khalid-Lagune speisen – eine Weinkarte gibt es allerdings nicht: Im ganzen Emirat herrscht absolutes Alkoholverbot, auch in den Hotels. Die Scharia gebietet eine strafrechtliche Verfolgung bei Zuwiderhandlung.

Zurück in der Wüste von Sharjah

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Die Vögel tragen kleine Hauben, damit der Falkner den Zeitpunkt der Jagd bestimmen kann. Ohne die Kopfbedeckung würden die Tiere sofort losfliegen. Erst wenn die Haube abgenommen wird, begibt sich der Falke auf die Jagd.

Szenenwechsel. Jannes Kruger hat seine beiden Falken in die Wüste des Emirats Sharjah gebracht, um uns die traditionelle beduinische Jagdtechnik zu demonstrieren. „Früher wurden die Vögel hier im September gefangen – während ihres jährlichen Zugs von Asien über Arabien nach Afrika“, erzählt der Falkner. „Fünf Monate lang jagten die Beduinen mit ihnen und ließen die Falken anschließend wieder frei. Heute läuft das natürlich etwas anders.“ Dann ist es so weit: Jannes Kruger zieht einem Falken die Haube vom Kopf. Das Tier verharrt einen Moment, breitet die Schwingen aus und fliegt über die Sandhügel. Der Falke saust wieder und wieder über die Köpfe der Zuschauer:innen – bis er den Köder packt und langsam verspeist.

Es dämmert, die Sonne wird schon bald als blutroter Ball am Horizont versinken und wir müssen weiter. Als es dunkel wird, sitzen wir am Lagerfeuer. Kamele schnauben im Hintergrund. Über der Wüste liegt ein sanfter von Insekten und Vögeln gewebter Geräuschteppich. Das ist vielleicht der schönste Teil des historischen Erbes dieses Emirats.

Mehr zum Emirat unter auf der Webseite des Tourismusbüros von Sharjah 

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