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Natur

Nationalpark Torres del Paine: Zwischen Gletschern, Gipfeln und Raubkatzen

Chile ist reich an Nationalparks. Der Torres del Paine in Patagonien ist einer der bekanntesten. Wer zur richtigen Zeit am richtigen Fleck ist, kann neben beeindruckenden Gletscherspalten und schwindelerregend hohen Gipfeln auch Pumas, Füchse und Kondore bestaunen.

Datum 01.12.2022

Türkisblaue Seen, verschneite Berggipfel, spitz aufragende Granit-Nadeln, reißende Wasserfälle und imposante Gletscher: Im Nationalpark Torres del Paine im chilenischen Patagonien locken unberührte Natur und einzigartige Sehenswürdigkeiten. Mit etwas Glück können Sie auch Guanakos, Pumas und Kondore aus der Ferne erhaschen. Wir nehmen Sie mit auf eine Wanderung durch den Nationalpark und geben Tipps zu Routen, Unterkünften und Sehenswürdigkeiten auf dem Weg.

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Aufbruchsstimmung im Nationalpark Torres del Paine

Es wird langsam hell, als Wanderguide José Ignacio Roca mit seiner Gruppe den Sarmiento-See erreicht. Die meisten sind noch ein wenig verschlafen. Die Fahrt von Puerto Natales, dem Backpacker-Städtchen am Última Esperanza Fjord, ging bereits um 5 Uhr morgens los.

Doch das Warnschild am Eingang zum Nationalpark Torres del Paine lässt alle hellwach werden. Mit „potenzieller Angriffsgefahr” weist das Holzschild auf die Anwesenheit von Pumas auf dem Wanderpfad hin. Roca beruhigt sofort: „Wir interessieren die Pumas gar nicht. Wir gehören nicht in ihr Beuteschema.” Wen die bis zu 80 Kilogramm schweren Raubkatzen stattdessen gern fressen, wird schnell klar: Guanakos. Immer wieder sieht man die abgekauten Skelette der Lama-ähnlichen Andenkamele nur wenige Meter neben dem Trampelpfad. 

Roca führt die Gruppe durch die einsame, raue Hügellandschaft auf eine Anhöhe. Während sich oben 6000 Jahre alte Höhlenmalereien der Tehuelche bestaunen lassen, hält er Ausschau nach den scheuen „Geisterkatzen” in der Ebene. Rund hundert Pumas leben in der Zone.

Ein Puma in weiter Ferne

An kaum einem anderen Ort Südamerikas kann man so viele der Raubkatzen antreffen wie hier. „Aber es ist natürlich kein Zoo. Wir müssen schon Glück haben”, stellt Roca klar.

Im Gänsemarsch geht es weiter. Der kalte patagonische Wind beißt im Gesicht. Immer wieder sind große Guanako-Herden zu sehen. Plötzlich setzt sich eine kleine Gruppe der Tiere fluchtartig in Bewegung. Roca gibt zu verstehen, dass alle stehen bleiben und leise sein sollen. Mit dem Fernglas sucht der Guide die Buschlandschaft ab. „Da ist einer”, sagt er und zeigt auf eine weit entfernte Bergkuppe. Doch der Puma ist zu weit weg. Mit bloßem Auge nicht zu sehen. Als er das Fernglas weitergibt, ist der Puma auch schon wieder verschwunden.

Wir sehen kleine Füchse, straußenähnliche Darwin-Nandus, noch mehr Guanakos und imposante Andenkondore mit einer Spannweite von bis zu drei Metern. Pumas jedoch zeigen sich an diesem Tag nicht mehr. Roca zeigt Fotos auf seinem Handy, auf denen die Raubtiere nur Meter vor Wandergruppen den Pfad kreuzen oder faul im hohen Gras liegen. Wie zum Beweis: Seht, man läuft ihnen sonst häufiger über den Weg.

Sehenswürdigkeit im Nationalpark: Die „Türme des blauen Himmels”

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Die majestätischen Kondore am Himmel zu sehen, ist Entschädigung genug für die ausgebliebene Puma-Sichtung. Und bereits am nächsten Tag steht ein neues Abenteuer auf dem Programm – die Torres del Paine, die „Türme des blauen Himmels”.

Die drei gewaltigen, bis zu knapp 3000 Meter hohen Granit-Nadeln, die dem Nationalpark ihren Namen geben, sind zugleich dessen Wahrzeichen. Der Park im chilenischen Teil Patagoniens erstreckt sich über eine Fläche von gut 2400 Quadratkilometern, seit 1978 ist er UNESCO-Weltkulturerbe. Seine wilde Landschaft ist geprägt von türkisblauen Seen, unberührten Laubwäldern, verschneiten Bergen, Fjorden, reißenden Flüssen, Wasserfällen und riesigen Gletschern.

Wandern im Nationalpark Torres del Paine

Bevor das Wanderabenteuer losgeht, müssen auch Natalia Gómez und Camila Espinoza wie die anderen Wandernden am Besucherzentrum zwischen „O” und „W” wählen. „O” ist ein 130 Kilometer langer Rundweg, bei dem in acht Tagen bis zu 4500 Höhenmeter überwunden werden müssen. Die Pfade sind einsam und fernab jeglicher Zivilisation mit wenigen Schutzhütten, weshalb auch Verpflegung, Schlafsack und Zelt mitgenommen werden müssen.

Die beiden Krankenschwestern aus der Hauptstadt Santiago de Chile wählen deshalb die einfachere „W”-Route. Sie ist 70 Kilometer lang, 2500 Höhenmeter sind in vier Tagen zu überwinden. Auf dieser Strecke befinden sich mondäne Hotels, Schutzhütten und Campingplätze mit Vollpension, weshalb kein Proviant mitgeschleppt werden muss. Ihre Bezeichnung „W” verdankt die Route, die auf dem südlichen Teil des längeren O-Rundwegs verläuft, der Form ihres Verlaufs, der in die drei landschaftlich attraktivsten Täler des Nationalparks führt.

Übrigens: Für beide Touren braucht man Ausdauer, aber keine Bergsteiger-Erfahrung. Am Parkeingang erhalten Besucher:innen eine Landkarte. Die Pfade sind gut markiert.

Postkarten-Panorama im Nationalpark Torres del Paine

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Die erste Tagesetappe hat es gleich in sich. Doch sie lohnt sich, denn sie führt zu dem chilenischen Postkartenmotiv schlechthin. Bis zum Aussichtspunkt „Mirador de Las Torres” am Gletschersee unterhalb der ikonischen Torres del Paine-Felsen geht es gut neun Kilometer permanent bergauf, fast 1200 Höhenmeter. Über denselben Pfad muss man wieder zurück bis zur „Herberge Torre Central” in unmittelbarer Nähe des Besucherzentrums, wo die erste Übernachtung stattfindet.

Die meisten stehen schon früh auf, um die weltberühmten schmalen Felstürme beim Sonnenaufgang im orangefarbenen Licht zu sehen. Der Serpentinenweg schlängelt sich ins Valle del Silencio, ins „Tal der Stille”. Immer wieder muss man Pferden Platz machen, mit denen Proviant zum „Campamento Chileno” gebracht wird. Hier gibt es eine Schlafhütte und auf Stelzen gebaute Plattformen für Zelte – der perfekte Platz für eine Rast.

Hoch hinaus

Danach beginnt der schwierigere Teil des Aufstiegs. Oberhalb der Baumgrenze erschwert der steinige Boden das Wandern. Nach einer Felskante öffnet sich dann plötzlich der Blick auf einen grünen Gletschersee und die sich dahinter auftürmenden Granit-Nadeln. Sie entstanden vor mehr als zehn Millionen Jahren. Dann formten eiszeitliche Gletscher die Felstürme, über deren Spitzen nicht selten Andenkondore ihre Runde drehen. „Allein für diesen Anblick hat sich die Reise nach Patagonien schon gelohnt”, sagt Camila. Am Abend fallen die beiden Krankenschwestern erschöpft, aber glücklich in ihr Etagenbett.

Das Cuernos-Felsmassiv

Die folgende Tagesetappe wird leichter: Ohne größere Steigungen geht es durch eine Hügellandschaft am fast schon kitschig schönen Nordenskjöld-See entlang. Links der See, rechts fallen unzählige Wasserfälle von den steilen Schrägwänden des noch darüberliegenden Cuernos-Felsmassivs. Es trägt seinen Namen wegen der Hörner-Form der Gipfel und muss sich nicht vor den Torres del Paine verstecken. Unmittelbar am Ufer des Nordenskjöld-Sees übernachten wir im „Camp Francés” in grünen Gruppenzelten. Am Abend gibt es Linsensuppe, gefülltes Hühnchen mit Reis und Strudel.

Patagonische Urwald-Kulisse

Am dritten Tag heißt es früh aufstehen. Feuerrot begrüßt uns der Morgenhimmel. Nach einem einstündigen Marsch stellen wir die schweren Rucksäcke im „italienischen Camp” („Campamento Italiano”) ab, um nur mit einem Tagesrucksack zum Aussichtspunkt „Mirador Británico” zu wandern. Drei Stunden geht es hoch, drei Stunden runter.

Bedrohlich schallt ein gewaltiges Donnern durch die dunklen Laubwälder. Kein aufziehendes Gewitter, sondern Lawinen, die vom auf den Bergkuppen ruhenden Gletscher abstürzen. Immer wieder, fast im Zehn-Minuten-Takt, rutschen gewaltige Schneemassen die Steilwände hinab und vermischen sich mit Wasserfällen. Der Himmel über dem Kessel des „Vallée del Francés” zieht sich bedrohlich zu. Der Aufstieg wird in einem Geröllfeld schließlich zur Kletterpartie. Doch oben angekommen, sind all die Mühen vergessen. Die Bergkulisse mit dem Cuernos-Massiv sieht aus wie aus dem Bilderbuch. Man thront über dem unendlich erscheinenden patagonischen Urwald.

„Camp Paine Grande”: Jugendherberge-Stil im Nationalpark

Zurück am Campamento Italiano fällt es schwer, wieder die großen Rucksäcke aufzusetzen. Wir sind erschöpft. Doch bis zum Camp Paine Grande sind es noch fast drei Stunden und wir müssen es vor Einbruch der Nacht erreichen.

Wieder pfeift der eiskalte patagonische Südwind ins Gesicht. Auf dem Skottsberg-See bilden sich bereits Wellen. Es sind kaum noch Wandernde zu sehen. Stundenlang nur einsame, raue Natur. So ist die Ankunft im „Camp Paine Grande”, was einer gigantischen Jugendherberge im Partyrausch ähnelt, fast ein Zivilisationsschock. Auf der Terrasse genießt man mit einem „Torres del Paine”-Bier in der Hand den Blick zurück auf das Cuernos-Massiv, das mystisch flimmert. Der Tag geht zu Ende, wie er begann - mit einem blutroten Himmel.

Atemberaubende Gletscherlandschaft

Die letzte Tagesetappe ist im Vergleich zum Vortag ein Kinderspiel: Nur vier Stunden Laufzeit. Doch das schafft niemand. Wie auch, wenn auf dem See des Grey-Gletschers immer mehr knallblaue Eisschollen angeschwommen kommen, die alle fotografiert und bewundert werden müssen? Je näher man dem Gletscher kommt, desto größer sind sie. Schließlich steht man vor einer gewaltigen Eiswand. Die Gletscherzunge gehört zum südpatagonischen Eisfeld, der größten Eisfläche auf der Südhalbkugel außerhalb der Antarktis. Allein der Grey-Gletscher ist 28 Kilometer lang. Insgesamt drei Gletscherzungen enden hier im See, sie sind fast sechs Kilometer breit und 30 Meter hoch. Hier kann man auch Ice-Trekking-Ausflüge machen.

Vom „Grey-Campingplatz” aus kann man das Ausflugsboot zum Hotel „Lago Grey” nehmen. Hier stehen Shuttlebusse nach Puerto Natales bereit. Das Boot fährt an den gewaltigen Eismauern vorbei, die man aus nächster Nähe mit einem chilenischen Pisco Sour in der Hand bestaunen kann. Ehrensache, dass der Cocktail auf Basis des chilenischen Nationalgetränks hier mit Gletschereis serviert wird.

Nationalpark Torres del Paine: Infos zu An- und Einreise

Um nach Chile zu reisen, benötigen Sie einen Reisepass. Ungeimpfte Reisende müssen vor Abreise einen negativen PCR-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, schreibt das Auswärtige Amt in seinen Reisehinweisen. Wer geimpft ist, muss das nachweisen können.

Mit dem Flugzeug geht es über Santiago de Chile nach Punta Arenas oder Puerto Natales. Von hier aus fahren Sie weiter mit dem Bus in den Nationalpark.

Die beste Reisezeit für Chile ist von Oktober bis Mai. In der Hauptsaison zwischen Dezember und Februar ist es nicht so einsam. Das ändert sich in der Nebensaison schlagartig.

Übernachten im Nationalpark Torres del Paine

Im Park befinden sich kleine Hotels, Schutzhütten und Campingplätze, in denen es Abendessen, Frühstück und Lunchpakete gibt. Eine Reservierung ist unbedingt zu empfehlen.

- dpa 

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