Die 59. Biennale von Venedig geht mit einem Rekord zu Ende: 2022 wurden so viele Tickets verkauft wie nie zuvor. Wie die diesjährige Kunstausstellung verlief und wann die nächste stattfindet, erfahren Sie hier.
Die Biennale in Venedig ist mit einer Rekordzahl an Besucher:innen zu Ende gegangen. Die neben der documenta in Kassel wichtigste Präsentation von Gegenwartskunst verzeichnete bis einen Tag vor Schließung am Sonntag mehr als 800.000 Eintritte. Hinzu kommen nach Angaben aus der Lagunenstadt noch gut 22.000 Tickets während der Vorbesichtigungstage im April.
So viel Zuspruch gab es noch nie in der 127 Jahre währenden Geschichte der Biennale. Die Zahl der Besucher:innen sei um 35 Prozent gegenüber 2019 gestiegen, hieß es. Coronabedingt war die sonst alle zwei Jahre ausgetragene Kunstschau um ein Jahr auf 2022 geschoben worden.
Mit 197 Tagen war die Biennale zugleich die längste ihrer Art. Zum Vergleich: die documenta hält bisher an ihrem Konzept des Museums für 100 Tage fest. Die Gäst:innen der Biennale kamen mit 59 Prozent überwiegend aus dem Ausland. Etwa 30 Prozent der Tickets gingen an junge Menschen sowie Studierende.
Nachdem der Stadtrat von Venedig die Kunstschau ins Leben gerufen hatte, wird die Biennale seit 1894 regelmäßig ausgetragen. Zunächst lediglich zur Präsentation italienischer Werke gedacht, entwickelte sich die Ausstellung schnell in eine international angesehene Veranstaltung. Alle zwei Jahre öffnen die bekannten Pavillons rund um das extra dafür vorgesehene Gelände im Giardini della Biennale.
Im Jahr 1907 wurden die Länder-Pavillons erstmals vorgestellt. Künstler:innen aus den teilnehmenden Nationen entwarfen und gestalteten die jeweiligen Ausstellungsräume, in denen sie ihr Land und ihre Werke dem wachsenden Publikum präsentierten. Neben den 30 festen Länder-Pavilllons entstanden in Venedig immer neue Biennale-Galerien. So gibt es während der Veranstaltung immer wieder auch „inoffizielle“ Pavillons, die von Organisationen oder Vereinen ins Leben gerufen werden.
Seit den 1980er Jahren wächst die Kunstbiennale und ist um eine Architektur-Biennale und ein Tanzfestival erweitert worden. Mittlerweile erstreckt sich die Ausstellungsfläche auch auf die Schiffswerft Arsenale und andere Palazzos und Galerien im Zentrum von Venedig. Die Schau hat in der Regel von Mai bis November geöffnet.
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Resümee der Biennale 2022: Mehr Diversität
Zur zentralen Ausstellung „The Milk of Dreams“ der in New York lebenden Kuratorin Cecilia Alemani waren 213 Künstler:innen aus 58 Ländern mit mehr als 1500 Arbeiten eingeladen. Alemani hatte dabei einen deutlichen Schwerpunkt auf Werke von Künstlerinnen gelegt. Zudem präsentierten sich 80 Länder mit Nationenpavillons auf den Biennale-Geländen Giardini und Arsenale sowie an verschiedenen Orten in der Lagunenstadt.
Alemani bedankte sich bei den Künstler:innen, die mit „wunderbaren Werken, Leidenschaft und Enthusiasmus“ zur Ausstellung beigetragen hätten. Der Andrang während der Ausstellung zeige, „dass Kunst die Kraft hat, Teilnahme zu fördern“. In Zeiten wie diesen mache die Biennale deutlich, dass Kunst sowie Künstler:innen helfen können, „neue Formen des Zusammenlebens zu denken und unendlich viele neue Möglichkeiten der Umsetzung“.
In diesem Jahr verschaffte die Biennale zudem der traditionell weiß und männlich dominierten Kunstszene eine Auffrischung in puncto Diversität. Mit der Auszeichnung von zwei international gefeierten Künstlerinnen der Black Community setze die Jury deutliche Zeichen. Die Britin Sonia Boyce und die US-Amerikanerin Simone Leigh erhielten mit zwei Goldenen Löwen die wichtigsten Preise der Kunstschau.
Die in Berlin lebende Künstlerin Maria Eichhorn hatte den Deutschen Pavillon gestaltet. Mit ihrer Arbeit „Relocating a structure“ machte Eichhorn die Vergangenheit des Pavillons sichtbar. Die Nationalsozialisten hatten den als Bayerischen Pavillon errichteten Bau monströs erweitert. Eichhorn ließ die Schnittstellen freilegen. Hinter dem Putz wurden zugemauerte Durchgänge sichtbar, ehemalige Außenwände, alte Verbindungen, Beton der Nazis auf gemauerten Wänden.
Über den Katalog und Führungen in der Stadt thematisierte Eichhorn zudem den Widerstand in Venedig und die Folgen des Faschismus. „Kaum ein anderer deutscher Beitrag davor hat den venezianischen Stadtraum in so enger Weise integriert“, urteilte das für den Pavillon verantwortliche Institut für Auslandsbeziehungen.
Die Künstlerin folgte unter anderem auf Gerhard Richter (1972), Joseph Beuys (1976), Hans Haacke (1993), Rosemarie Trockel (1999), Isa Genzken (2007) oder Christoph Schlingensief (2011). Mehrfach gab es für Arbeiten aus Deutschland Goldene Löwen, zuletzt 2017 für Anne Imhof.
Biennale di Venezia 2024: Erste Details
Die nächste Kunstbiennale in Venedig findet im Jahr 2024 statt. Auch dann werden in der italienischen Lagunen-Stadt viele internationale Kunstprojekte und Besucher:innen erwartet. Bisher sind erst wenige Informationen bekannt, die offizielle Bewerbungs- und Ideenphase für die Gestaltung der Pavillons läuft noch. Das leitende Thema der 60. Biennale wird 2023 bekanntgegeben.
Bis die nächste Biennale beginnt, finden in Venedig weitere spannende Veranstaltungen statt. Die Biennale der Architektur läuft vom 20. Mai bis zum 26. November 2023, das internationale Theaterfestival begrüßt sein Publikum ab Mitte Juni. Anlässlich der bekannten Filmfestspiele von Venedig strahlt die Stadt Anfang September im Hollywood-Glanz und Ende Oktober ertönen im Rahmen des Festivals für zeitgenössische Musik an vielen Locations Klänge aus aller Welt.
- mk/dpa
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