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Völklinger Hütte: Einzigartiges Industriedenkmal feiert 150. Jubiläum

Industriecharme mit stillgelegten Hochöfen: Die Völklinger Hütte ist weit über die Grenzen des Saarlandes hinaus bekannt. Und das, obwohl sie seit dem späten 20. Jahrhundert außer Betrieb ist. Die Besonderheiten dieses Weltkulturerbes - und was die Zukunft bringt - erfahren Sie hier.

Datum 12.05.2023

Die Völklinger Hütte im Saarland ist das einzige vollständig erhaltene Eisenwerk, das in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. Nun feiert sie ihr 150-jähriges Bestehen. Höchste Zeit also, um mit Techniker Manfred Baumgärtner, der den letzten Hochofen 1986 außer Betrieb nahm, auf die bewegte Geschichte der Hütte zurückzuschauen. Ralf Beil, Generaldirektor der Völklinger Hütte, legt indes seine Pläne für die Zukunft des Weltkulturerbes offen. So viel sei versprochen: Für Besucher:innen wird es in Zukunft noch spannender. 

150 Jahre Völklinger Hütte

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Die Völklinger Hütte ist das einzige vollständig erhaltene Eisenwerk, das in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen wurde.

Als Manfred Baumgärtner die Treppe in der Gebläsehalle hochsteigt und auf dem neuen Steg Richtung Sinteranlage ankommt, ist er sichtlich beeindruckt: „Toll, was sich hier geändert hat!“ sagt er zu Ralf Beil, dem Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. „Das passt alles wunderbar zusammen!“

Kaum ein anderer vermag besser zu beurteilen als Baumgärtner, wie hier Altes und Neues miteinander kombiniert wurden. Schließlich hat der 80-Jährige als Hüttentechniker bis zuletzt in dem einstigen Eisenwerk gearbeitet, das vor genau 150 Jahren von dem Ingenieur Julius Buch gegründet worden war. Auf das Jubiläum am Wochenende vom 14. und 15. Mai und auch auf das 30-jährige Bestehen als Weltkulturerbe im kommenden Jahr blickt Baumgärtner mit besonderer Freude. „Das war für mich das Schönste und Beste, was passieren konnte“, sagt er. „Nachdem jahrelang nicht feststand, was mit der Hütte passiert, war das für mich wie ein Sechser im Lotto.“

Denn von diesem Zeitpunkt an habe er mit seinen jahrelangen Erfahrungen als Hochöfner, Industriemeister und Hüttentechniker bei dem Aufbau zum Weltkulturerbe mithelfen und mitberaten können. 27 Jahre lang, bis zu seinem 80. Geburtstag im vergangenen Jahr, habe er als Gästeführer unzählige Besucher:innen bei rund 2.000 Führungen mit der Geschichte des Industriedenkmals vertraut gemacht.

Die Geschichte der Völklinger Hütte

Die Geschichte der Völklinger Hütte ist eng mit Manfred Baumgärtner verbunden. Er hatte am 4. Juli 1986 um 12:30 Uhr mit einem Handgriff das Produktionsende besiegelt – und damit die mehr als 100 Jahre lange Tradition der Eisenerzeugung an der Saar. Einen Knopf habe er damals nicht gedrückt, sondern einen Schalter umgelegt. „Ich habe den Ofen einfach zugefahren, da war der Wind weg. Und wenn kein Sauerstoff mehr reinkommt, gibt es auch keine Verbrennung mehr.“ Im einstigen Hochofenleitstand erzählt er, was von dort aus gesteuert, überwacht und bedient wurde. Auch eine Verbindung zur Gebläsehalle gab es. „Das ist neu für mich, diesen Zusammenhang kannte ich noch nicht“, sagt Generaldirektor Ralf Beil.

Dass der Bereich mit Leitstand wieder betreten werden kann, ist neu, jahrelang war er baufällig. „Ich freue mich so, dass das wieder hergerichtet wurde! Das war mein größtes Anliegen“, sagt der 80-jährige Baumgärtner. Eigentlich sei er ja Realist und habe irgendwann die Erinnerungen an die frühere Arbeitsstätte abgehakt. „Aber als ich wieder in den renovierten Leitstand gekommen bin, habe ich mich direkt wieder zu Hause gefühlt.“

Pläne für die Zukunft der Völklinger Hütte

Völklinger Hütte, Blick ins Innere © iStock/Nachteule
Ein Blick ins Innere der Völklinger Hütte

In absehbarer Zeit sollen auch die Hüttenbesucher:innen diese Räumlichkeiten erleben – und noch viel mehr. Ralf Beil, der seit drei Jahren Generaldirektor des Weltkulturerbes ist, legt die Geschichte der Hütte im wahrsten Sinne des Wortes immer weiter frei. Den Auftakt hatte dafür die Gebläsehalle gemacht: Dort wurden unter seiner Leitung Schächte geöffnet, alle Einbauten und Teppichböden entfernt und 40.000 historische Fliesen zum Vorschein gebracht.

Im Juli soll ein Weg von der Sinteranlage, in der Reststoffe des Verhüttungsprozesses wiederverwendbar gemacht wurden, bis zur oberen Ebene der Möllerhalle, wo die Hochofenmischung aus Eisenerz, Sinter, Schrott und Kalk gelagert wurde, ermöglicht werden. Im Oktober steht die Erschließung des Wasserhochbehälters und die Eröffnung des neuen Eingangsbereiches an. Mit dem Pumpenhaus und den Obergeschossen des Wasserhochbehälters werden dann weitere Räume erschlossen – ebenso wie eine „einzigartige Promenade architecturale“ zur Gebläsehalle. Im November sollen dann auch Trockengasreinigung und Hochofenleitstand erstmals für die Öffentlichkeit erlebbar sein.

Beils Pläne gehen noch weiter. Aktuell überlegt er, wie man das einstige Kraftwerk 1, in dem im Laufe der Jahre ein kleiner Wald entstanden ist, in eine Art Naturbühne verwandeln kann – mit Platz für Kunst und Konzerte und als touristische Erweiterung. Sein Konzept: „Dieser Ort soll kein Durchlauferhitzer sein.“ Es gehe nicht darum, hier nur die Leute durchzuschleusen, sondern diese sollen „ein tiefes Verständnis für diesen gesamten Organismus und auch seine Veränderung entwickeln“. Anders formuliert: „Dieser Ort lebt davon, dass man ihn entdecken und in die Tiefe der Anlage einsteigen kann.“  Denn je tiefer man eindringe, umso mehr sei man davon gebannt.

Eine Erfahrung, die auch Manfred Baumgärtner immer wieder gemacht hat, wenn er die Besuchergruppen herumführte: „Sie waren immer ganz erschlagen von der Anlage und wie eng hier alles beisammen liegt. Das hat sie fasziniert.“

Völklinger Hütte als Weltkulturerbe

Bis heute lässt das imposante Industriedenkmal den 80-Jährigen nicht los. Auch dann nicht, wenn er zuhause ist: „Wenn ich im Wohnzimmer aus dem Fenster gucke, habe ich alles im Blick!“, erzählt er. Sentimental mache ihn dieser Anblick jedoch nur ein ganz kleines bisschen: „Es macht mich eher stolz, dass ich dabei war und daran mitgewirkt habe! Es war schließlich mein Lebensinhalt, vom Ende der Schulzeit bis zum Ende meines Lebens.“

Für die saarländische Kultusministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) sind Denkmäler wie die Völklinger Hütte „enorm wichtig“ für unsere Gesellschaft. „Sie sind Zeitzeugen, die wir erleben und begehen können, sie sind Teil unseres kulturellen Gedächtnisses und Sehnsuchtsorte zugleich“, sagte sie auf dpa-Anfrage.

Manfred Baumgärtner hält es jedenfalls für absolut angemessen, dass die Völklinger Hütte von der UNESCO 1994 zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Und auch die 100 Millionen Euro, die bislang in die Sanierung geflossen sind, seien gut angelegt: „Burgen und Kirchen haben wir genug“, sagt er. „Aber dieses Hüttenwerk ist einmalig.“

- Katja Sponholz, dpa

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