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Erleben

9 schaurig-schöne Lost Places in Deutschland

Verlassene Sanatorien, bröckelnde Industrieanlagen, sagenumwobene Hotels: Vor allem der Nordosten des Landes ist reich an spannenden Lost Places. Doch auch im Rest der Republik warten schaurig-schöne Ruinen.

Text Mila Krull
Datum 30.09.2024

Wenn die Natur zurückerobert, was einst ihr gehörte, macht sich eine ganz besondere Stimmung breit. Wo Metall rostet, Fliesen bröckeln und Decken rieseln, haben sich einst belebte Orte in morbide Lost Places verwandelt. 

Überall in Deutschland lassen sich mysteriöse Ruinen erkunden. Nicht immer sind die teils baufälligen Gebäude zugänglich. Doch Führungen und Fototouren ermöglichen einen Einblick in die spannende Vergangenheit verlassener Schauplätze des Lebens. Wir stellen neun besondere Lost Places in ganz Deutschland vor.

Hinweis: Beim Erkunden von Lost Places sollten Entdecker:innen einige Hinweise beachten. Betreten Sie nur öffentlich zugängliche Bereiche. Jenseits von Absperrungen können einsturzgefährdete Gebäude große Gefahren bergen. Auch Privatgelände sollten nicht unerlaubt betreten werden.

1

Chemiewerk Rüdersdorf

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Beliebte Filmkulisse: das Chemiewerk Rüdersdorf bei Berlin

30 Kilometer östlich von Berlin verfällt eine gigantische Anlage. Ausrangierte Eisenbahnwaggons, riesige Silos und meterhohe Schornsteine lassen erahnen, dass die hiesige Produktion einst auf Hochtouren lief. Die Spuren der Industriehallen führen zurück ins 19. Jahrhundert, als in Rüdersdorf Zementwerke öffneten, die die nahe Hauptstadt mit wichtigen Baustoffen versorgten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges betrieb die Sowjetische Besatzung auf dem Gelände eine Düngemittelproduktion, bevor diese zur Jahrtausendwende endgültig geschlossen wurde. Seither ist das Chemiewerk nicht nur ein spannender Lost Place, sondern dient auch als Museumspark und Drehort für Filmszenen.

2

Beelitz-Heilstätten

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Natur vs. Mensch: Pflanzen ranken an den Fenstern der Beelitz-Heilstätten

Sie sind der wohl berühmteste Lost Place des Landes: die Beelitz-Heilstätten. Während des NS-Regimes dienten sie als großes Lungensanatorium, zu DDR-Zeiten zog die Rote Armee ein. Dann kam der Verfall und hinterließ ein gespenstisches Kabinett aus rostigen Metallbetten, medizinischen Apparaturen und zersprungenen Fliesen. Vor ihrem inneren Auge können Besucher:innen die bröckelnden Wände wieder zusammensetzen, kaputte Fenster reparieren, sich die Bäume weg denken, die mit dem Gebäude verwachsen sind, und einen inneren Film abspulen, der die Vergangenheit des Ortes zeigt. 

Und dann wieder in die Gegenwart zurückkehren, in der sich Graffiti auf die Wände von Beelitz gelegt haben und der Geschichte dieses Orte ein neues Kapitel hinzufügen. Das einzigartige Lost-Place-Ambiente ist kaum an einem Ort so gut in Szene gesetzt wie hier. Durch die in einem Mischwald südlich von Berlin gelegene Anlage verläuft ein Baumkronenpfad.

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Was wurde hier wohl gebacken? Ein ausgedienter Ofen in den Beelitz-Heilstätten.
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Sonnestrahlen leuchten durch das löchrige Dach einer großen Halle.
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Einst Patientenzimmer heute Lost Place: die Beelitz-Heilstätten
3

Spreepark Berlin

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Einst Autoscooter, heute Lost Place: der Spreepark in Berlin

Ob Abhörstation am Teufelsberg,die  Eisfabrik oder der Flugplatz Rangsdorf: Berlin ist reich an berühmten Lost Places. Einer der bekanntesten liegt bestens abgeschirmt inmitten des Plänterwalds. Stillgelegte Achterbahnen, bröckelnde Karusselle und riesige Skulpturen von Dinosauriern und Fabelwesen erinnern an eine längst vergangene Zeit, in der auf dem Areal des Spreeparks noch freudiges Jauchzen und Gelächter ertönte. 

Millionen Besucher:innen strömten einst in den Vergnügungspark, doch nach der Wende wirtschafteten die neuen Betreiber:innen die Anlage in die Insolvenz. Mittlerweile hat die Stadt Berlin Hoheit über das Gelände und plant eine umfangreiche Neueröffnung als Kunst- und Kulturpark. Da die Bauarbeiten derzeit in vollem Gange sind, kann das Areal nicht mehr wie bisher im Rahmen einer Führung besichtigt werden. 

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Der Zutritt zum Gelände des Spreeparks ist mittlerweile nicht mehr möglich.
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Wo sich früher Massen vergnügten, bahnt sich heute wieder die Natur ihren wWeg.
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Auf dem Gelände soll ein neuer Kunst- und Kulturpark entstehen.
4

Halbinsel Wustrow

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Rund 90 verfallene Häuser stehen auf der Halbinsel Wustrow.

Üblicherweise handelt es sich bei Lost Places um stillgelegte Fabrikgelände, Hotels, Krankenhäuser oder sonstige Einrichtungen. Dass ein ganzer Ort zum Geisterdorf zerfällt, ist hingegen eher selten. Umso außergewöhnlicher ist das Schicksal, das die Halbinsel Wustrow an der Mecklenburgischen Ostseeküste ereilte. Dank der landschaftlich schönen Lage unweit des Meeres lockte Wustrow lange Zeit vor allem Feriengäste an. 

Doch mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Halbinsel zum militärischen Sperrgebiet erklärt und als Ausbildungs- und Übungsstätte genutzt. Nach Ende des Krieges übernahm die Sowjetarmee die Kontrolle über das einstige Fischerdorf. Seit 1998 ist das für die Öffentlichkeit streng abgeriegelte Areal mit seinen knapp 100 Gebäuderuinen in der Hand eines privaten Investors, der es als Ferienort wieder aufbauen will. Sämtliche Pläne scheiterten bisher jedoch an fehlenden Genehmigungen. 

5

Stasi-Zentrale Leipzig

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Eine Ausstellung beleuchtet die DDR-Geschichte im einstigen Gebäude der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit.

Spannende Mischung aus Museum und Lost Place: Seit 1991 ist die frühere Stasi-Zentrale eine Gedenkstätte. In dem Haus am Dittrichring – die Leipziger:innen nennen es ob seiner Form Runde Ecke – lagern bis heute 8.610 laufende Meter Akten und dazu mehr als 2,8 Millionen Karteikarten. Auch wenn die Ausstellung etwas in die Jahre gekommen ist: Der Besuch gehört fest ins Leipzig-Programm. Tipp: Schließen Sie sich einer der spannenden Zeitzeugen-Touren an, die Besucher:innen durch Archive, Ausstellungen, zur früheren Hinrichtungsstätte in der Südvorstadt oder zum Stasi-Bunker in Machern führen.

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Untersuchungszelle in der einstigen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit
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Ein ehemaliges Fotografiezimmer in der einstigen Stasi-Zentrale in Leipzig.
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Originale an der Wand: Ein Bildnis zeigt den einstigen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker
6

Sophienheilstätte

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Vergangenes Fachwerk: die Sophienheilstätte in Bad Berka

Klare Waldluft, ausreichend Ruhe und spezielle Therapien sollten früheren Patient:innen der Sophienheilstätte zur Heilung verhelfen. Vor allem an Tuberkulose erkrankte Menschen wurden ab 1898 in der Klinik bei Bad Berka behandelt. Bis das historische Gebäude in den 1990er Jahren schließlich dem Verfall überlassen wurde. Seither gedeiht hier ein außergewöhnlicher Lost Place, der unter anderem im „Tatort“ zu sehen war. Mittlerweile ist das Gelände mit dem eindrucksvollen Fachwerkensemble unter dem Motto „Urban. Adventure. Space.“ zu neuem Leben erwacht. Unter anderem werden Graffiti-Workshops, Führungen, Halloween-Partys, Sommerfeste und Baumpflanz-Aktionen angeboten. 

7

Auto-Skulpturenpark im Neandertal

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Mehr als 50 Oldtimer rosten im Autoskulpturenpark Neandertal.

Wer sich südlich von Mettmann ins Neandertal wagt, stößt am Rande des Waldes auf einen außergewöhnlichen Friedhof. Statt hölzernen Särgen wurden hier Schätze der Automobilgeschichte zu Grabe getragen. Initiator des Skulpturenparks ist der Künstler Michael Fröhlich, der diesen außergewöhnlichen Schrottplatz auf privatem Gelände erbaute. Rund 50 Oldtimer, darunter Legenden wie der Porsche 356, ein Rolls-Royce und ein Citroën Traction Avant, wurden den Einflüssen der Natur überlassen. Rostender Stahl, moosbewachsene Reifen und rankendes Wurzelwerk machen den Auto-Skulpturenpark zu einem ganz besonderen Lost Place, den Besucher:innen jeden Sonntag für 10 Euro Eintrittsgeld besuchen können. 

8

Hotel Waldlust

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Einstiges Prunkhaus: das Entree im Hotel Waldlust

Um kaum einen Lost Place ranken sich so viele Geschichten und Legenden wie um das Hotel Waldlust im baden-württembergischen Freudenstadt. Einst empfing das 1902 eröffnete Grand Hotel seine Besucher:innen in luxuriösem Jugenstil-Ambiente. Unternehmer:innen und Künstler:innen zählten ebenso zu den Gästen wie Adelige und Prominente. Sie alle wussten die Abgeschiedenheit in der Natur des Schwarzwaldes und die edle Ausstattung des Hauses zu schätzen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Hotel zum Lazarett umfunktioniert. Zwar versuchte man, den Betrieb anschließend wieder aufzunehmen, doch vom goldenen Glanz der alten Zeiten war nicht viel geblieben. Seit 2005 steht das Haus leer und ist mittlerweile ein beliebter Ort von Lost-Place-Entdecker:innen, die sich Schauergeschichten rund um den Verbleib der einstigen Besitzerin erzählen.

9

Geisterbahnhof von München

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Die Stadt München hat bereits Pläne für den S-Bahnhof am Olympiapark.

Anlässlich der Olympischen Spiele von 1972 erbaut, diente der S-Bahnhof Oberwiesenfeld einst dazu, massenhaft Zuschauer:innen zu befördern. Doch nach Ende der Spiele war der Bedarf durch die naheliegende U-Bahn-Station gedeckt. Seit der Stilllegung im Jahr 1988 verfallen die Gebäude, Bahnsteige und Gleisanlagen am Olympia-Bahnhof daher zusehends. Bunte Graffiti und die Natur haben die Anlage in einen spannenden Lost Place mitten in der bayerischen Landeshauptstadt verwandelt. Übrigens: Immer wieder wird in München über mögliche Nachnutzungen des Geländes diskutiert. Die Stadt erwägt unter anderem den Ausbau von Rad- und Gehwegen sowie einen Treffpunkt für Jugendliche.