© Marco Borggreve
Kultur

Wiesbadens blühende Kulturlandschaften

Wiesbaden und den Rheingau kann man als einzige große Bühne erleben – kein Wunder, dass Theater, Musik und Literatur hier gedeihen. Vom Staatstheater bis zur Kleinstkunstbühne: Hessens Hauptstadt und das Umland bilden eine echte Kulturlandschaft.

Datum 29.09.2021

Rheingau Musik Festival

© Woody T. Herner - Woodworks

In mehr als 30 Jahren ist das anfangs kleine Festival auf über 40 Spielorte und etwa 170 Konzerte angewachsen, zur Eröffnung reist inzwischen auch der Bundespräsident an. Bespielt wird die gesamte Region von Frankfurt bis zum Mittelrheintal, viele Sehenswürdigkeiten der Region sind auch Festspielorte. Das klassische Eröffnungskonzert findet traditionell in der Basilika des Klosters Eberbach statt. Aber nicht nur Renommee und Programm sind gewachsen, sondern auch die Vielfalt: Neben Klassik stehen auch Jazz, Weltmusik, Kabarett und Pop auf dem Programm.

www.rheingau-musik-festival.de

Hessisches Staatstheater

© Sven-Helge Czichy

Über vier Bühnen mit insgesamt mehr als 1500 Plätzen verfügt Wiesbadens großes Schauspiel-, Opern-, Ballett- und Konzerthaus. Das Große Haus, das sich mit Kurhaus und Kurhauskolonnaden in ein Ensemble einfügt, ist eine Ikone der Stadt; erbaut wurde es 1892 bis 94 im neobarocken Stil. Seine Schaufassade mit Säulen-Entree und dem Schiller-Denkmal davor hat das Haus Richtung Warmer Damm, der Eingang befindet sich aber auf der anderen Seite.

Intendant ist seit 2014 der Regisseur und Schauspieler Uwe Eric Laufenberg. Ein jährliches Highlight sind die Internationalen Maifestspiele, die alle Sparten abdecken und bereits seit 1896 stattfinden.

Wiesbaden, Christian-Zais-Str. 3
www.staatstheater-wiesbaden.de

Großes Kino in Wiesbaden

Filmreihen und Werkschauen, Dokumentationen und Arthouse-Produktionen: Die preisgekrönte Caligari Film-Bühne, vor 95 Jahren eröffnet, zeigt ein Programm für Cineasten. Seit ihrer Renovierung vor rund 20 Jahren sitzt man in bequemen roten Sesseln. Highlight sind etwa das queere Filmfest „Homonale“ und „goEast“, ein Festival für mittel- und osteuropäische Filme.

Marktplatz 9
www.wiesbaden.de/caligari

Nassauischer Kunstverein

Wiesbadens erste Adresse für experimentelle Gegenwartskunst ist seit 1979 eine dreistöckige historische Villa an der Kulturmeile Wilhelmstraße. Der Kunstverein hat eine wesentlich längere Geschichte: Er wurde schon 1847 von Wiesbadener Bürgern gegründet, ist bis heute mitgliederstark und setzt immer wieder Impulse im Kulturleben der Stadt. Vor allem junge Künstler bekommen hier eine Bühne.

Wiesbaden, Wilhelmstr. 15
www.kunstverein-wiesbaden.de

Literaturhaus Villa Clementine

Nur zwei Häuser vom Kunstverein entfernt liegt das literarische Zentrum Wiesbadens. Preisgekrönte Autoren und Nachwuchsschriftsteller sind hier regelmäßig zu Gast. Ein Fabrikant aus Mainz ließ den Bau 1882 errichten. 1978 drehte der Hessische Rundfunk hier die Verfilmung von Thomas Manns „Buddenbrooks“. Seit 2001 wird die Villa nun als Literaturhaus genutzt. Das Programm ist vielseitig und beschäftigt sich mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen. Alle zwei Jahre konzipiert ein Autor die Literaturtage mit Filmen, Konzerten, Lesungen oder Ausstellungen. 

Wiesbaden, Frankfurter Str. 1
www.wiesbaden.de/literaturhaus

Sprayer und Tote Hosen: Der Schlachthof

© Monica Gumm

Viele Städte haben alte Schlacht- und Viehhöfe als Gelände für die Kultur entdeckt, auch Wiesbaden macht damit nun seit bald 30 Jahren gute Erfahrungen. Ein Kollektiv betreibt das Gelände südöstlich des Hauptbahnhofs als Kulturzentrum. Die Skater- und die Sprayerszene toben sich aus, Konzerte, Lesungen, Partys und Slams finden statt, dazu gibt es Flohmärkte und Festivals. Musikgrößen wie Jan Delay, Deichkind und die Toten Hosen haben hier schon gespielt.

Wiesbaden, Murnaustr. 1
www.schlachthof-wiesbaden.de

Brentanohaus und Brentanoscheune

© Georg Knoll

Ab Anfang des 19. Jahrhunderts reiste die Kaufmannsfamilie Brentano aus Frankfurt zur Sommerfrische nach Oestrich-Winkel. Der Ort wurde zu einem Inspirationsquell und Zentrum der Romantiker. Zu Gast waren nicht nur die berühmten Verwandten Clemens und Bettina Brentano und Bettinas Mann Achim von Arnim, allesamt bedeutende Schriftsteller der Romantik. Star im Besucherreigen ist Goethe, der 1814 ankam und dessen damaliges Zimmer wie ein Heiligtum gehütet wird.

Die ehemalige Hausherrin Angela von Brentano führt an ausgewählten Terminen und nach Vereinbarung durch das original erhaltene Haus und füllt es mit ihren vielen, teils selbst erlebten Geschichten. Unter demselben Dach: ein Restaurant der Winzerfamilie Allendorf. Gleich gegenüber liegt die Brentanoscheune. Hier veranstaltet der Verein „KulturHölle“ Lesungen, Kindertheater, Konzerte und Kabarett.

Oestrich-Winkel
Haus: Am Lindenplatz 2
www.brentano.de

Scheune: Hauptstr. 134 a
www.oestrich-winkel.de/tourismus-freizeit/kultur

Alte Schule Rheingau

Auch Geisenheim hat der Kultur einen prominenten Raum gegeben und die alte Dorfschule im Stadtteil Stephanshausen zum Kulturzentrum umgebaut. Mit viel Herzblut und Engagement wurde in dem historischen Bau von 1905 Schallschutz angebracht, man verlegte Kabel und installierte Licht- und Tonanlagen. Ob Theater, Konzerte oder Varieté: Den Initiatoren ist immer wichtig, ihrem Publikum etwas zu vermitteln. Nur tun sie das so unterhaltsam, dass manche Schule eine Menge von ihnen lernen könnte.

Geisenheim, Schulgraben 2
www.alteschule-rheingau.de

Mechanisches Musikkabinett in Rüdesheim

© Georg Knoll

Sechs Geigen bespielt die „Hupfeld Phonoliszt-Violina“ auf einmal. Das mechanische Instrument in Wandschrankgröße wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als „achtes Weltwunder“ bezeichnet. Es ist eines der Schmuckstücke unter den rund 350 selbstspielenden Musikinstrumenten aus drei Jahrhunderten, die im Brömserhof, einem ehemaligen Adelshof aus dem 14. Jahrhundert, ausgestellt sind. Sammler Siegfried Wendel betrieb das Museum seit den 1960er Jahren. Jetzt führt es seine Familie weiter, mitsamt hauseigenem Stummfilmkino.

Rüdesheim, Oberstr. 29
www.smmk.de