© Unsplash/Sergiy Seryogin
Reisenews

Fliegen wird teurer: Alle Fragen und Antworten zur erhöhten Ticketsteuer

Seit dem 1. Mai 2024 greift eine erhöhte Ticketsteuer von deutschen Abflugorten. Das hat die Bundesregierung beschlossen, um Milliardenlöcher im Haushalt zu stopfen. Was das für die Tourismus-Branche und Reisende bedeutet, lesen Sie hier.

Datum 02.05.2024

Die Steuer auf Flugtickets von deutschen Abflugorten steigt seit dem 1. Mai erneut. Das hat Folgen für Urlauber:innen. Zugleich befürchten Reiseveranstalter und Airlines Belastungen in Millionenhöhe und langfristige Probleme durch die Entscheidung der Ampelkoalition. Die Steueranhebung ist Teil des Maßnahmenpakets, mit dem die Bundesregierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Haushalt stopfen will.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur erhöhten Ticketsteuer gibt es im Folgenden.

Werden Pauschalreisen und Flugtickets künftig teurer?

Wahrscheinlich ja, denn grundsätzlich müssen Wirtschaftsunternehmen wie Airlines oder Reiseanbieter immer versuchen, zusätzliche Kosten an ihre Kund:innen weiterzugeben. Steuern und Abgaben machen aber nur einen Teil des Preises einer Pauschalreise aus. Zu Buche schlagen vor allem die Kosten für den Einkauf von Hotelkontingenten und Flugkapazitäten. Wie sich diese entwickeln, hängt auch von der allgemeinen Preisentwicklung im jeweiligen Urlaubsland ab. 

Bei den reinen Flugtickets wirkt sich die Konkurrenzsituation aus, die auf der jeweils gebuchten Strecke herrscht. Ist dort nur ein Anbieter unterwegs, werden die höheren Steuern voraussichtlich im vollen Umfang an die Kund:innen weitergegeben, was bei scharfer Konkurrenz nicht so einfach wäre. 

Wie stark steigen die Steuersätze?

Die Steuererhöhung betrifft sämtliche Passagierflüge, die von deutschen Flughäfen abheben. Vom 1. Mai an liegen die Steuersätze je nach Endziel der Flugreise zwischen 15,53 und 70,83 Euro pro Ticket. Bislang waren in drei Entfernungsklassen zwischen 12,48 Euro und 56,91 Euro fällig. Die Steigerung zu den erst 2020 kräftig erhöhten Sätzen beträgt zwischen 22,5 und 24,5 Prozent. 

Bei Europaflügen übertrifft der neue Steuersatz den historischen Tiefstand vom Jahresbeginn 2019 um mehr als das Doppelte. In der EU erheben nur 9 von 27 Mitgliedsstaaten eine Ticketsteuer. Die deutsche Abgabe gehört mit zu den höchsten.

Erhöhte Ticketsteuer: Welcher Steuersatz wird zu meinem Ziel fällig?

© Unsplash/Leif Christoph Gottwald
Die Steuererhöhung, die seit dem 1. Mai 2024 gilt, greift bei sämtlichen Passagierflügen von deutschen Flughäfen.

Die Steuersätze sind zwar grundsätzlich nach Entfernung gestaffelt, die tatsächliche Entfernung zwischen Start und Ziel spielt aber keine direkte Rolle. Stattdessen hat der Gesetzgeber in Anlagen zum Luftverkehrsteuergesetz Länder aufgelistet, für die der jeweilige Satz gilt.

In der niedrigsten Klasse mit 15,53 Euro sind alle europäischen Staaten enthalten – einschließlich der Türkei und Russland sowie Algerien. Hier sind typische Urlaubsflüge nach Mallorca ebenso abgedeckt wie ein Geschäftsflug nach London. 39,34 Euro werden fällig bei Flügen in viele afrikanische und asiatische Länder, die bis zu 6.000 Kilometer entfernt sind. Typische Ziele sind hier beispielsweise Dubai, Tel Aviv oder Addis Abeba. Für noch längere Flüge, etwa nach China oder in die USA, beträgt die Ticketsteuer dann 70,83 Euro.

Können Veranstalter und Airlines von ihren Kunden nachträglich die Steuern nachfordern?

Das entsprechende Steuergesetz ist erst Ende März 2024 in Kraft getreten, also zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits etliche Flugtickets und Pauschalreisen für die Zeit nach dem 1. Mai verkauft waren, die nun unter den erhöhten Steuersatz fallen. Erst ab dem 28. März durften die Unternehmen die höheren Ticketsteuern in ihre Endpreise einberechnen. Die irische Gesellschaft Ryanair hat dem Fachblatt „fvw“ zufolge betroffene Passagier:innen aufgefordert, die Tickets zu stornieren oder die höheren Steuern nachzuzahlen. Ob der Verweis auf die AGB rechtmäßig ist, ist laut Verbraucherschützer:innen fraglich. 

Bei Flugtickets sieht der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) keine rechtliche Grundlage für Nachforderungen. Entsprechend hat zum Beispiel die Lufthansa bei frühzeitig verkauften Tickets die erhöhte Steuer selbst getragen, wie eine Sprecherin versichert. Eine Summe wird nicht genannt. 

Anders sieht die Rechtslage für Reiseveranstalter aus: Sie dürfen unter bestimmten Bedingungen die nachträglich erhöhten Kosten an ihre Tourist:innen weitergeben. „Der Vertrag muss das vorsehen und zugleich einen Hinweis darauf enthalten, dass auch umgekehrt der Reisende eine Senkung des Reisepreises verlangen kann, wenn beispielsweise der Kerosinpreis sinkt“, erläutert Felix Methmann von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). 

Erhöhungen nach Vertragsabschluss seien unter diesen Voraussetzungen möglich bei höheren Treibstoffkosten, Erhöhung von Steuern und sonstigen Abgaben für vereinbarte Reiseleistungen oder Änderung der für die Pauschalreise geltenden Wechselkurse. Der Veranstalter müsse die Berechnung der Preiserhöhung offenlegen und die Urlauber:innen spätestens 20 Tage vor Reisebeginn darüber informieren. Veranstalter wie Branchenprimus TUI und DER Touristik haben rückwirkende Preiserhöhungen bereits ausgeschlossen.

Welche langfristigen Folgen befürchten die Touristiker:innen?

Fiebig kritisiert, dass Reisen durch Entscheidungen der Politik immer teurer werde. So könnten ab kommendem Jahr beispielsweise die Luftsicherheitsgebühren um 50 Prozent angehoben werden. „Der Urlaub musste durch Inflation und gestiegene Energiekosten ohnehin schon Preissteigerungen hinnehmen und zusätzlich verteuern auch die politischen Entscheidungsträger das Reisen immer weiter.“

Welche längerfristigen Folgen drohen im Luftverkehr?

In den vergangenen Jahren wurde nicht nur die Luftverkehrsteuer mehrfach erhöht. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die Passagier- und Gepäckkontrollen, für die Leistungen der Fluglots:innen auf der Strecke wie beim Starten und Landen und für die Abfertigung an den Flughäfen. Beim Start eines Mittelstreckenjets vom Typ Airbus A320 werden an deutschen Flughäfen rund 4.000 Euro staatliche Abgaben fällig, klagt die Lufthansa in ihrem jüngsten Politikbrief. Der gleiche Start in Madrid oder Barcelona werde hingegen nur mit 600 Euro belastet. 

Dass Deutschland ein teures Pflaster für Passagierflüge geworden ist, hat den Branchenverbänden zufolge auch langfristige Auswirkungen. Während das Sitzplatzangebot hierzulande erst rund 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht, wird in den meisten anderen europäischen Ländern längst wieder so viel geflogen wie vor der Pandemie. 

Billiggesellschaften wie Ryanair, Easyjet oder Wizz Air setzen ihre Flugzeuge in Märkten mit geringeren Eingangskosten ein, weil sie dort einfacher ihre Gewinnschwelle erreichen. Ihr Angebot von Flügen mit billigen Tickets wächst in Italien, Spanien oder Polen, während es für die Konsument:innen in Deutschland schon deutlich geschrumpft ist. Eine Umkehr könne es nur geben, wenn die Kosten an den deutschen Flughäfen sinken, hat Ryanairs Marketing-Chef Dara Brady erst kürzlich wieder erklärt. 

Wie viel bringt die Steuererhöhung dem Staat?

Die 2011 von der schwarz-gelben Regierung eingeführte Ticketsteuer brachte im Jahr 2022 knapp 1,2 Milliarden Euro Einnahmen für den Staat ein. In diesem Jahr sollen durch die höhere Ticketsteuer rund 400 Millionen Euro mehr Steuern in die Staatskasse fließen. Für die Folgejahre rechnet die Regierung mit Mehreinnahmen von 580 Millionen Euro.

-Friederike Marx und Christian Ebner, dpa

Das könnte Sie auch interessieren

© Unsplash/Jonas
Service
49-Euro-Ticket startet: Fragen und Antworten zum „Deutschlandticket“

Endlich ist es so weit! Seit dem 1. Mai 2023 ist das 49-Euro-Ticket gültig. Wir beantworten wichtige Fragen rund um das neue Ticketmodell.

© iStock/Eloi_Omella
Sehenswürdigkeiten
Eintritt für Venedig: Was Reisende jetzt wissen müssen

Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig seit Ende April 2024 Eintritt von Gästen: Wer bleiben will, muss zahlen. Was das für Reisende bedeutet und wie das System funktioniert, erfahren Sie hier.

© IMAGO/brennweiteffm
Service
„Air Defender 2023“: NATO-Manöver bringt Urlaubspläne durcheinander

Von einem „Mega-Manöver“ ist die Rede: Für Juni sind im deutschen Luftraum umfangreiche Flugübungen der NATO geplant. Was das für den zivilen Luftverkehr bedeutet und welche Auswirkungen die „Air Defender“-Übungen auf Reisende haben können, erfahren Sie hier.

© Unsplash/Florian Wehde
Städtereisen
Berlin zur Fußball-EM 2024: Tipps für den Städtetrip

Berlin ist eine der deutschen EM-Gastgeberstädte 2024. Insgesamt finden sechs EM-Spiele im Juni und Juli im Olympiastadion statt, darunter das Finale. Was Sie sich vor Ort unbedingt anschauen sollten, erfahren Sie hier.