Aufgrund von Corona-Maßnahmen verlief der Urlaub anders als geplant: Deswegen forderten zwei Pauschalreisende ihr Geld zurück. Der Fall landete beim Europäischen Gerichtshof, der nun ein Urteil fällte.
Datum 12.01.2023
Pool und Strand gesperrt, Essen im Zimmer, Ausgangssperren – mancherorts hatten die Corona-Maßnahmen größere Auswirkungen auf den Urlaub. Aber dürfen Pauschalreisende deswegen unter Umständen ihr Geld zurückverlangen? Ja, sagt der Europäische Gerichtshof (EuGH) und stellt sich recht deutlich auf die Seite von Pauschalurlauber:innen.
Hintergrund des Urteils vom Donnerstag ist ein Fall aus Deutschland. Die zwei Kläger:innen buchten für März 2020 eine zweiwöchige Reise auf die Kanarischen Inseln. Zwei Tage nach ihrer Ankunft wurden dort wegen der Corona-Pandemie die Strände gesperrt und eine Ausgangssperre verhängt.
Corona-Maßnahmen: Urlauber:innen fordern Geld zurück
Im Hotel war der Zutritt zu Pools und Liegen verboten, das Animationsprogramm wurde komplett eingestellt. Nach sieben Tagen endete die Reise - also deutlich früher als geplant. Die Kläger wollten daraufhin nur noch 30 Prozent des Preises für den Urlaub zahlen. Das Reiseunternehmen verweigerte dies mit der Begründung, dass er nicht für ein solches „allgemeines Lebensrisiko“ einstehen müsse. Daraufhin klagten die beiden vor dem Landgericht München.
EU-Gesetzen zufolge haben Urlauber:innen einen Anspruch darauf, dass der Preis reduziert wird, wenn die Reise nicht vertragsgemäß erfüllt wird - es sei denn, der Reiseveranstaltende belegt, dass das Problem an den Reisenden lag. Reisende, die Flug und Unterkunft auf eigene Faust buchen, sind generell nicht so gut abgesichert wie Pauschalurlauber:innen. Für sie gelten nicht dieselben Regeln. Der EuGH sollte nun klären, ob die Corona-Maßnahmen auf Gran Canaria gegen die vereinbarte Buchung verstoßen haben.
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EuGH-Urteil: Reiseunternehmen üben Kritik
Der Europäische Gerichtshof nahm die Reiseunternehmen nun in die Pflicht: Corona-Maßnahmen können gegen den bei der Buchung abgeschlossenen Vertrag darstellen. Dafür müssten die Veranstaltenden haften, unabhängig davon, ob ihnen die Probleme zugerechnet werden könnten. Ob der gesperrte Pool, das fehlende Animationsprogramm oder der fehlende Zugang zum Strand Gründe für eine Minderung sind und wie hoch der Betrag ausfällt, muss nun das Landgericht München entscheiden.
Reiseveranstaltende kritisierten das Urteil am Donnerstag als lebensfremd. „In der Ausnahmesituation einer Pandemie können allgemeine Lebensrisiken nicht weitgehend an Reiseanbieter ausgelagert werden“, sagte der Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband der dpa. „Hier hätte der Europäische Gerichtshof mehr Augenmaß walten lassen sollen, statt eine einseitige Entscheidung zu Lasten von Reiseanbietern zu fällen - zumal auch am Wohnort staatliche pandemiebedingte Grundrechtseinschränkungen galten.“ Genau dieser Punkt, nämlich dass zur gleichen Zeit am Heimatort ähnliche Corona-Einschränkungen galten, spielt dem EuGH zufolge aber keine Rolle. Die Verbraucherzentrale NRW begrüßte die Entscheidung dagegen als ein positives Urteil für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Gericht beschäftigt sich mit Stornokosten
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Gericht mit den Rechten von Reisenden während der Pandemie beschäftigt. Viele Verfahren drehen sich bislang um Rücktrittsfragen. Vor allem in den ersten Corona-Monaten haben Urlauber aus Sorge vor einer Ansteckung ihre Buchung zurückgezogen und blieben mitunter auf hohen Stornokosten sitzen. Ob solche Kosten in Anbetracht der Umstände gerechtfertigt sind, beurteilten die Gerichte zuletzt unterschiedlich.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Sommer den Fall einer 84-Jährigen mit Lungenproblemen. Sie durfte demnach von einer Donaukreuzfahrt im Juni 2020 kurzfristig zurücktreten und musste keine Stornokosten zahlen. In einem anderen Fall haben die Karlsruher Richterinnen und Richter jedoch den EuGH eingeschaltet. Hier geht es darum, welcher Zeitpunkt für einen kostenlosen Rücktritt entscheidend ist - und welche Rolle etwa eine Reisewarnung spielt. Hier steht ein Urteil noch aus.
– Regina Wank/dpa
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