Die Designkraft der Natur: Michael Polizas außergewöhnliche Fotografien

Vom IT-Unternehmer zum Expeditionsleiter und zum preisgekrönten Fotografen: Der Hamburger Michael Poliza hat sich mehrmals neu erfunden, alle Kontinente und mehr als 185 Länder bereist. Einige Jahre hat er in Afrika gelebt und zu den Landschaften und der Natur dort eine besondere Beziehung entwickelt. Poliza kennt viele magische Ecken, die nicht auf klassischen Reiserouten liegen. Diese macht er nun internationalen Kunden zugänglich, auf sorgfältig kuratierten Reisen seiner Reisemarke Michael Poliza Private Travel.
Michael Poliza hat mehrere Bildbände herausgebracht, darunter „Eyes over Africa", „Antarctic" und „The World", sein neuestes Werk „Ibiza" erscheint 2025. In Merian öffnet der Fotograf sein Fotoalbum.
Die nackte Insel im Pazifik

So wenig reicht für einen Sehnsuchtsort: ein rund 200 Meter langer Fleck aus weißem Sand, umgeben von klarem Wasser. Sonst nichts. Naked Island liegt rund zwei Kilometer vor der Küste der Insel Siargao im Osten der Philippinen. Auf Siargao wachsen Palmen und tropischer Regenwald, auf Naked Island wächst nichts. Die einzigen Farbnuancen dort entstehen durch die Philippinensee, ein Nebenmeer des Pazifiks, die Teile der Insel über- und umspült. Für diese Aufnahme stand ich früh auf, die Sonne war gerade auf ihrem Weg über den Horizont, und ich startete meine Drohne am Strand des Nay Palad Hideaway auf Siargao, das mein Freund Bobby Dekeyser betreibt. Tagsüber kommen viele Stand-up-Paddler mit ihren Boards und Schnorchler mit ihren Booten zur Mini-Insel, dann ist dort richtig was los. Meine Drohne fing diesen Moment ein, in dem sie wirklich noch nackt daliegt, umgeben von tiefgründigem Wasser. Die Philippinensee ist eines der tiefsten Meere der Welt.



Markttag am Inle-See

Was wir hier sehen, ist ein Parkplatz. Er liegt in mehr als 800 Meter Höhe im Zentrum Myanmars am Südufer des Inle-Sees im Shan-Staat. Dort hat an diesem Tag gerade der Nam-Pan-Wochenmarkt begonnen. Diese langen, farbenfrohen Kanus sind das Haupttransportmittel auf dem See, sowohl für die Händler als auch für die Besucher. Das Foto habe ich mit einer Drohne gemacht, dann bin ich selbst eingetaucht in den Markt. Es gibt mehrere rund um den See, er ist Myanmars zweitgrößter, 22 Kilometer lang und elf Kilometer breit. Der Nam Pan hat eine be- sonders tolle Atmosphäre, vor allem früh am Morgen. Die Vielfalt ist unglaublich, rund um den See liegen schwimmende Gärten, wo alle möglichen Früchte angebaut werden. Dazu gibt es jede Menge frischen Fisch, der hier auf dem See auf besondere Art gefangen wird: Die Fischer stehen mit einem Bein am Heck ihres schmalen Bootes, das andere wickeln sie um das Ruder, und mit den Händen werfen sie Netz oder Reuse aus.



Heiliger Monolith

Biete Ghiorgis (Haus des Heiligen Georg) heißt diese koptische Kirche, von oben gut erkennbar an ihrem kreuzförmigen Grundriss. Sie ist eine der elf Felsenkirchen von Lalibela, gelegen in rund 2.600 Metern Höhe im Norden Äthiopiens. Was mich an diesen Kirchen beeindruckt: Sie wurden nicht von Grund auf gebaut, sondern von oben als Monolithen in den Fels, einen roten Tuffstein, geschlagen. Gemeißelte Kunstwerke! Entstanden sind sie inklusive Bewässerungs- und Verbindungsgräben im 12. und 13. Jahrhundert unter König Lalibela. Und so wie dieser König heißen das nahe Dorf und der Flughafen. Die Felsenkirchen gehören zum UNESCO-Welterbe, es gibt diverse Gasthäuser in der Nähe. Und sie sind nach wie vor aktiv, hier finden Gottesdienste statt. Wer zu Sonnenaufgang zur Morgenmesse kommt, ist vielleicht sogar der einzige Tourist. Die Stimmung ist einmalig.



Islands grüner Vulkan

Viel besser kann ein Vulkan kaum aussehen! Nahezu ikonisch ragt der Mælifell im Süden des isländischen Hochlands 200 Meter über seine karge Umgebung. Durch das Moos, das sich auf dem Lavagestein besonders wohlfühlt, hat er seine leuchtend grüne Farbe. Erreichbar wird er erst ab Juni/Juli, und dann auch nur für kurze Zeit und mit Allrad über die Piste F210. Dieses Foto entstand im September aus einem Helikopter. Ich habe Island lange Zeit links liegen lassen, dachte immer, da reise ich später mal hin. Als ich vor 14 Jahren zum ersten Mal dorthin flog, war ich sehr böse mit mir, dass ich das nicht früher gemacht habe. Zur selben Zeit zog der Tourismus extrem an, es kamen Reisende aus aller Welt, die vielen Naturwunder wurden leider zu richtigen Pilgerstätten. Es gibt aber einen Trick, Islands Schönheit auch mal ganz ohne andere Menschen zu erleben: entlegene Orte wie den Mælifell aufsuchen. Und früh aufstehen! Zwischen vier und neun Uhr morgens ist es noch wunderbar ruhig.



Das Atlantis von Ibiza

Ich stand im äußersten Südwesten der „weißen Insel“, oben auf dem Felsen, und steuerte die Drohne, die das Foto dieser Becken im Stein gemacht hat. Gerne wäre ich dort auch baden gegangen, aber der Weg hinunter ist ziemlich tricky und dauert eine Weile. Die Zeit hatte ich nicht, ich war auf Ibiza, um für mein neues Buch zu fotografieren. Eigentlich heißt dieser Ort Sa Pedrera de Cala d’Hort, sehr viel bekannter und fast schon mystisch überhöht ist er aber als Ibizas Atlantis. Im 16. Jahrhundert lag dort unten schlicht ein Steinbruch, mit dem Material wurde unter anderem die Burg von Ibiza gebaut. Durch die Arbeiten im Fels entstanden Mauern, Treppen und Becken, die sich mit Meerwasser füllten. Das Ganze wirkt wie eine asymmetrische, verlassene Stadt. Nicht sichtbar von so weit oben: die vielen Bilder und Botschaften, die Reisende dort hinterlassen haben.


