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Gay Travel Index 2024: Das sind die LGBTQ+-freundlichsten Reiseziele

Alljährlich veröffentlicht der Reiseblog Spartacus den sogenannten Gay Travel Index, bei dem mehr als 200 Länder nach ihrer LGBTQ+-Freundlichkeit beurteilt werden. Welche Reiseziele für Mitglieder der queeren Community 2024 hoch im Kurs stehen und wieso – das lesen Sie hier.

Text Milena Härich
Datum 06.06.2024

Es ist wieder Pride Month: Jedes Jahr im Juni wird in zahlreichen Städten auf der ganzen Welt der Christopher Street Day gefeiert. Die queere Community, aber auch diejenigen, die sich mit ihr solidarisieren, ziehen dann durch die Straßen und zelebrieren die Vielfalt. Diesen Anlass nutzen mittlerweile vermehrt auch Unternehmen: Gerade im Juni gibt es zahlreiche Kampagnen, die queere Menschen und ihre Lebensrealitäten in den Mittelpunkt rücken und die Diskiriminierung, der schwule, lesbische und viele weitere queere Personengruppen noch immer ausgesetzt sind, thematisieren. 

Was häufig in den Hintergrund der gesellschaftlichen Debatte gerät, ist das Thema Reisen. Denn für queere Menschen ist es noch heute an vielen Orten der Welt gefährlich oder schlicht feindselig. Deshalb gibt Spartacus alljährlich den Gay Travel Index heraus, der bei der Entscheidungsfindung helfen soll. Wir geben Ihnen alle Infos für 2024. 

Was ist der Gay Travel Index?

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Die Regenbogenflagge hat sich mittlerweile weithin als Symbol für die LGBTQ+-Community etabliert.

Der Gay Travel Index ist ein vom Reiseblog Spartacus – International Gay Guide ins Leben gerufenes Rankingsystem, das mehr als 200 Länder auf ihre LGBTQ+-Freundlichkeit untersucht. Dabei werden verschiedene Kategorien bemüht, um sowohl die rechtliche Situation queerer Menschen als auch die alltäglichen Lebensbedingungen vor Ort zu beurteilen. 

Zur LGBTQ+-Community zählen lesbische, schwule und bisexuelle Menschen, aber auch trans Personen, intersexuelle und non-binäre Personen. Mit dem + sollen alle weitere queere Personengruppen inkludiert werden, auch um Intersektionalität zu berücksichtigen. So zählen hierzu selbstverständlich auch trans Menschen, die homosexuell sind.

Gay Travel Index: Diese Neuerungen gab es 2024

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Estland ist 2024 auf den 32. Platz gerückt und hat damit ein weitaus besseres Ranking bekommen als im Vorjahr.

Im Jahr 2024 hat der Reiseblog Spartacus insgesamt 213 Länder bewertet. Elf neue sind dazugekommen, darunter Guinea, Kiribati, die Föderierten Staaten von Mikronesien, São Tomé und Príncipe, Tuvalu, St. Lucia und Saint Vincent und die Grenadinen. Außerdem gibt es eine neue Kategorie, die dem Bewertungsmaßstab zugrunde liegt: die Kategorie „Censorship". Wenn die Regierung eines Landes es etwa verbietet oder einschränkt, die Regenbogenflagge zu zeigen oder bestimmte Inhalte in Büchern und Filmen einschränkt, dann wird das künftig auch eine Rolle bei der Bewertung spielen. 

Zu den deutlichsten Gewinnern im Jahr 2024 zählen Estland und Norwegen. Estland war 2023 noch auf dem 47. Platz und schafft es jetzt auf den 32. – das liegt vor allem daran, dass Estland als erster osteuropäischer Staat gleichgeschlechtlichen Ehepartner:innen die gleichen Rechte zugesteht wie heterosexuellen Ehepartner:innen. Die norwegische Regierung indes hat 2023 endgültig die Konversionstherapie abgeschafft – ein mehr als nur fragwürdiges Vorgehen, das zum Ziel hatte, homosexuelle Menschen umzuerziehen. Deshalb rückt das skandinavische Land vom 17. auf den 8. Platz. 

Russland verliert deutlich, obwohl die Rechte queerer Menschen hier schon sehr lange stark eingeschränkt sind und das Land daher auch zuvor schon auf den hinteren Plätzen vertreten war. Russland fällt im Ranking vom 177. Platz auf den 205. Platz ab – insbesondere deshalb, weil der russische Machthaber Putin die LGBTQ+-Bewegung mit extremistischen Bewegungen gleichsetzt und die Rechte queerer Personen immer weiter einschränkt. 

Das sind die zwölf LGBTQ+-freundlichsten Länder

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In den großen Städten Kanadas – wie hier in Montreal – gibt es alljährlich große Pride-Paraden.

Doch welche Länder landeten 2024 eigentlich auf den ersten Plätzen? Zunächst einmal teilen sich gleich fünf Länder den ersten Platz. Zu Malta, das schon 2023 den ersten Platz belegte, gesellen sich Kanada, Neuseeland, Spanien und Portugal. All diese Reiseländer haben im Ranking zwölf Punkte bekommen. Trotzdem sind diese Destinationen nicht perfekt, was LGBTQ+-Freundlichkeit angeht – das vermerkt Spartacus an entsprechender Stelle mit einem Minuspunkt. Malta etwa bekommt einen Minuspunkt für feindselige Einheimische. Spanien hingegen wurde in der neuen Kategorie Censorship mit einem Minuspunkt bedacht. Die anderen Länder auf dem ersten Platz haben keine Minuspunkte bekommen. Allerdings ziehen Spanien und Malta gleich, weil sie in anderen Kategorien entsprechend besser bewertet wurden.

Den sechsten Platz teilen sich Australien und die Schweiz. Australien erhält einen Minuspunkt in der Kategorie „HIV Travel Restrictions“, was bedeutet, dass die Einreisebestimmungen queere Menschen, insbesondere schwule Personen, benachteiligen. Die Schweiz muss einen Minuspunkt aufgrund der Tatsache hinnehmen, dass hier weiterhin nur „männlich“ oder „weiblich“ im Personalausweis angegeben werden kann. 

Den achten Platz teilen sich Dänemark, Deutschland, Island, Norwegen und Uruguay. Einen Minuspunkt gab es jeweils für Dänemark und für Island, weil hier noch immer sogenannte Konversionstherapien angeboten werden, für Deutschland aufgrund feindseliger Einheimischer. Auch Norwegen lässt derzeit keinen dritten Geschlechtseintrag in Ausweisdokumenten zu und bekommt dafür einen Punkt Abzug. Und Uruguay erhält einen Minuspunkt, weil Homosexualität hier zwar nicht strafbar ist, aber queere Menschen noch immer vergleichsweise oft ermordet werden. Queerfeindliche Gewalt endet hier also – im Gegensatz zu den vorher genannten Ländern – öfter tödlich. 

Das zeigt schon, dass selbst die Länder auf den ersten Plätzen deutliche Defizite haben und macht verständlich, wieso queere Reisende ihre Entscheidungen für eine Destination oft viel genauer abwägen müssen. In der Regel sind diese Reiseziele aber sicher für Mitglieder der LGBTQ+-Community. Viele dieser Ziele, zum Beispiel Malta oder Gran Canaria in Spanien, haben auch eine große Community vor Ort, die viele queere Events veranstaltet, welche einen Safe Space darstellen können. 

Gay Travel Index: Diese Länder schneiden besonders schlecht ab

Es gibt einige Länder, die in den zuvor erörterten Kategorien schlecht abschneiden und daher zurecht von queeren Personen gemieden werden. Ab Platz 174 zeichnet Spartacus die jeweiligen Länder in roter Farbe – sie steht dafür, dass die Bedingungen hier alarmierend sind. Auf den allerletzten Plätzen stehen Kuwait, Libyen, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (201. Platz), Nigeria und Russland (205. Platz), Somalia und Uganda (207. Platz), Jemen (209. Platz), Afghanistan, Tschetschenien, Iran und Saudi-Arabien (210. und somit letzter Platz). 

Den kompletten Gay Travel Index sowie die Punktevergabe für einzelne Länder können Sie sich hier herunterladen. 

Besonderheiten beim Gay Travel Index

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New York – Stadt und Bundesstaat – gelten als sehr LGBTQ+-freundlich. Das trifft aber lange nicht auf alle US-Bundesstaaten zu.

Wer sich den Gay Travel Index 2024 genauer anschaut, wird erkennen, dass die USA auf dem 41. Platz landet. Hierbei werden alle US-Bundesstaaten als Konglomerat gesehen. Das ist aber schwierig und umstritten, schließlich unterscheiden sich demokratische Staaten wie New York sowohl von Swing States als auch von republikanischen Staaten wie Oklahoma deutlich. 

Deshalb bringt Spartacus immer auch einen separaten Gay Travel Index für die USA heraus. In diesem Bewertungssystem steht der Bundesstaat New York 2024 an erster Stelle, gefolgt von Kalifornien, Colorado, Nevada und Oregon. Auf den letzten Plätzen landen indes die Bundesstaaten Alabama, Mississippi, Tennessee, Montana und Oklahoma. Generell stehen die USA insbesondere dieses Jahr stark unter Beobachtung, denn im November 2024 finden erneut Präsidentschaftswahlen statt. Sollte Donald Trump die Wahl gewinnen, dann ist zu befürchten, dass queere Rechte deutlich eingeschränkt werden könnten und die USA im Index weiter abfallen. 

Gay Travel Index: Welche Kategorien spielen eine Rolle?

Die Kategorien für den Gay Travel Index werden stets ergänzt, im Jahr 2024 wurden insgesamt 18 Stück herangezogen. Wichtig sind zum Beispiel folgende Kategorien für die Bewertung:

  • Ist die Ehe für alle erlaubt?
  • Ist Homosexualität per se erlaubt? Steht sie im schlimmsten Fall sogar unter Todesstrafe?
  • Gibt es Verfolgungen aufgrund von Homosexualität?
  • Hat das Land bereits Anti-Diskriminierungsgesetze implementiert?
  • Hat das Land Rechte für trans Personen in seinen Gesetzen verankert?
  • Gibt es die Möglichkeit, ein drittes Geschlecht auf Ausweispapieren eintragen zu lassen?
  • Gibt es noch immer Konversionstherapien?
  • Wie ist die Einstellung der Einheimischen gegenüber queeren Personen?

All diese und weitere Kategorien spielen eine Rolle bei der Beurteilung von mehr als 200 Ländern in puncto LGBTQ+-Freundlichkeit. 

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