© The Plaza, A Fairmont Managed Hotel
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Plaza Hotel New York: Ein Haus für König Kevin

Im Weihnachtsfilm „Kevin – Allein in New York“ hatte das Plaza-Hotel den größten seiner vielen Auftritte. Zu Besuch in einem Haus, das sieben Jahre von Donald Trump regiert wurde, fünf Jahre einen Löwen beherbergte und bald sein 120. Jubiläum feiern wird.

Text Alexander Oetker
Datum 20.12.2024

Es gibt da diese Szene im Film „Kevin – Allein in New York“, bei der wohl fast jeder Hotelchef schon beim Lesen des Drehbuchs abgewunken hätte. Der gierige Concierge luchst dem kleinen Jungen reichlich Dollars ab. Und später verschafft er sich mit seiner allzu wissbegierigen Kollegenschar Einlass in die Suite des alleinreisenden Kevin. Gut kamen die gespielten Hotelangestellten des New Yorker Plaza im Kino-Evergreen des Jahres 1992 nicht weg. Und doch ließ der Hotelbesitzer genau diesen Film in seinen Hallen spielen. Hauptsache, man spricht über The Plaza

Nun gut, es könnte auch daran gelegen haben, dass jener Hotelbesitzer, der das Plaza sieben Jahre lang regierte, als Bedingung für die Dreharbeiten im Plaza eine Minirolle in dem Film haben wollte. Die bekam er dann auch. Er weist dem kleinen Kevin den Weg zur Lobby, ein sekundenkurzer Auftritt in einem Blockbuster. Zu jener Zeit war das durchaus noch der Rede wert für den damaligen Hoteldirektor Donald Trump. 

New York Plaza: Einzelzimmer für 2,50 Dollar

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Der Hotelpalast am New Yorker Central Park hat gleich mehrfach Geschichte geschrieben.

„Nothing unimportant ever happens at The Plaza“ (Im Plaza geschieht nie etwas Unwichtiges), so formulierte es im Jahr 1907 der große Schriftsteller F. Scott Fitzgerald. Still wurde es eigentlich nie um dieses Haus. Svetlana Alliluyeva, die einzige Tochter Joseph Stalins, nutzte in der ersten Pressekonferenz nach ihrer Flucht aus Russland 1967 die Plaza-Bühne, um im Kalten Krieg gegen die kommunistische Heimat zu propagieren. 1971 wurde aus dem heilig-hölzernen Edwardian Room ein hellgrün-pinkes Fondue-Restaurant namens Green Tulip, mit Disco ab zehn Uhr abends. Aber nie tanzte jemand, und die extra eingepflanzten Bäume starben stets und ständig. 1974 wurde das gastronomische Experiment mit einer Todesanzeige beerdigt.

Ironisch, laut, wild und manchmal auch etwas chaotisch ist das Plaza: wenn alle Gäste gleichzeitig anreisen und sich erst an der Rezeption stauen und dann an den gerade mal drei Fahrstühlen für fast 500 Gäste. So ist das eben mit dem Denkmalschutz, sogar im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Vor 150 Jahren war die Upper East Side noch wildes, raues Land. Dort, wo heute das Plaza thront, lag ein Teich, auf dem die feinen Herren des New York Skating Clubs in Hüten und schwarzen Anzügen im Winter Schlittschuh liefen. Von Tourismus war der Big Apple noch weit entfernt, es waren die Handelsreisenden, die in der Stadt nächtigen wollten. So baute der damalige Star-Architekt Henry J. Hardenbergh erst das Waldorf Astoria und dann von 1905 bis 1907 das Plaza. Es hatte damals 805 Zimmer und galt als das beste Hotel der Welt. Sechs Dollar kostete das Doppelzimmer natürlich schon mit eigenem Bad, das Einzelzimmer gab es für 2,50 Dollar, dafür befand sich das Bad aber auf dem Flur.

Ob Mensch ob Tier: Jeder ist willkommen

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Vierbeiner willkommen: Das Plaza empfängt auch tierische Gäste

The Plaza wurde zur Wahlheimat von allem, was Rang und Namen hat. Ernest Hemingway war regelmäßiger Gast in der Bar namens Palm Court, Onassis und sein Gefolge auch. Walt Disney entdeckte im legendären Oak Room ein Gemälde mit Schloss Neuschwanstein – und bildete nach diesem Anblick sein Disney-Schloss dem deutschen Märchenschloss nach. Marlene Dietrich blieb gleich ein ganzes Jahr in ihrer Suite. Als die Beatles 1964 auf den Höhepunkt ihrer Karriere eincheckten, war das Hotel im Ausnahme- und Belagerungszustand. 

Auch Tiere haben sich in die Geschichte des Plaza eingeschrieben, kurz nach der Eröffnung 1907 kam die englische Schauspielerin Patrick Campbell mit ihrem Hund und dem Affen Pinkie Panky Poo. Das Hotel nahm sie auf, und der Direktor, der damals Frederic Sterry hieß, entschied: Von nun an darf jedes Tier im Plaza absteigen, egal wie groß. Das gilt bis heute. So bekam das Löwenjunge Goldfleck ein eigenes Zimmer, es gehörte der russisch-ungarischen Prinzessin Lwoff-Parlaghy. Das Waldorf Astoria hatte die wilde Entourage abgelehnt. Fünf Jahre lang lebte die Prinzessin in ihrer Suite, zweimal büxte der Löwe aus, konnte aber unter Zuhilfenahme von rohen Steaks wieder eingefangen werden ohne Schaden anzurichten.

The Plaza ist New Yorks Wohnzimmer

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Beliebter Treffpunkt: der edle Palm Court im Plaza

„Das Spannendste hier ist: Wenn ich morgens zur Arbeit komme, weiß ich nie, was für eine neue Überraschung auf mich wartet“, sagt Justin Milazzo, der heute als Hotelmanager über den Organismus im Herzen von New York wacht. „Einmal sagte sich ein König sehr kurzfristig an“, erzählt Milazzo, natürlich ohne konkrete Namen zu nennen, „Samstagabend mietete er zwei Etagen für den nächsten Tag. Aber er wollte andere Teppiche, Vorhänge und genau dieses eine chinesische Porzellan. Es war etwas schwer, genug Handwerker zu finden und das seltene Geschirr aufzutreiben – aber irgendwie gelang es.“

Die rund 500 Angestellten des Plaza, vom Doorman bis zum Concierge, von der Zimmerdame bis zur Sommelière, sind bestens ausgebildet und doch auch echte New Yorker mit ehrlicher Schnauze. „Wir wollen keine Roboter als Angestellte“, sagt Milazzo, „und genau das schätzen unsere Gäste: Hier hat jeder seinen Charakter und kann sagen, was er denkt. Das Plaza umarmt die Individualität der Gäste wie der Mitarbeiter.“ Als während der Pandemie die Stadt noch im Dämmerschlaf lag und die Hotels wegen der ausbleibenden Touristen die Türen geschlossen hielten, öffnete das Plaza alle Bars, um den Einheimischen ein Wohnzimmer zu bieten. Seitdem lieben es die New Yorker noch ein bisschen mehr, ihr Plaza.

Viel Raum für Nostalgie

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Superstar im Plaza: der kleine Kevin (Macaulay Culkin) residiert im New Yorker Luxus-Hotel

Die Zimmer wirken heute etwas patinabehaftet. Es gibt kaum Kunst an den Wänden, die Flure sind kalkweiß, die Suiten versprühen den Charme der Achtziger, Kronleuchter und Resopal-Badewannen inklusive. Und das bei Preisen, die selbst für New Yorker Verhältnisse herausfordernd sind. Bei 800 Euro beginnt das einfache Doppelzimmer. Den Palast im französischen Renaissance-Stil von Grund auf in die Moderne zu übertragen, würde ein Vermögen kosten. So suchen Gäste einen Swimmingpool so vergeblich wie ein echtes Restaurant, dafür können sie rund um die Uhr Essen aufs Zimmer bestellen – ganz wie Kevin McAllister (Macaulay Culkin), der gibt im Weihnachtsfilm 967 Dollar für Kuchen, Pudding und einen Berg Eiscreme aus.

Eigentlich sollte das Hotel sowieso schon lange keines mehr sein: 2005 wollte ein israelischer Investor aus dem Gastgewerbe aussteigen und die Luxuslage am Central Park nutzen, um mit Hunderten Eigentumswohnungen Milliarden zu machen. Doch die New Yorker wollten nicht auf ihr nobles Wohnzimmer für den Afternoon Tea verzichten, mit andauernden Protesten verhinderten sie den Komplettumbau.

Weihnachten im New York Plaza

Heute ist die Central-Park-Seite des Hotels eine Residenz, die stadtgewandte Hälfte bleibt das Plaza und befindet sich im Besitz des katarischen Staates. An Weihnachten müssen sie mehr Sicherheitsleute abstellen als ohnehin, weil dann nicht Hunderte, sondern Tausende Touristen Einlass begehren, um eine Runde um den riesigen Weihnachtsbaum in der Lobby zu drehen. Dann platzt auch der Palm Court aus allen Nähten, diese wunderbar nostalgische Lobby-Bar mit Palmen und bunten Glasfenstern an der Decke, über der ein immerwährender Gesprächsteppich liegt.

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An Glanz kaum zu überbieten: die Weihnachtsdekoration im New York Plaza
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Auch der berühmte Plaza Afternoon Tea steht ganz im Zeichen der Holiday Season.
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Hochsaison am Central Park: Einige Suiten im Plaza werden mit Weihnachtsbäumen dekoriert.

Weil hier die Einheimischen ihre Scones essen, ihren Tee trinken und den ersten Dirty Martini des Tages. Immer nur mit halbem Auge beim Gegenüber, weil der Blick durch die Gegend schweift. Wer tritt durch die Drehtür ein? Über welche Neuigkeit wird gesprochen? Und wo geschieht etwas Unerwartetes? Auf eine besondere Geschichte muss der Gast im Plaza immer gefasst sein – weil dieser Ort wirklich alles andere als gewöhnlich ist.