© Tim Wagner
Erleben

Clinique La Prairie: Zu Gast im Medi-Spa von Montreux

„Who wants to live forever?” sang Queen-Frontmann Freddie Mercury. Ein Medi-Spa in Mercurys Wahlheimat Montreux arbeitet seit Jahrzehnten daran, die Idee vom ewigen Leben wahr werden zu lassen. Merian hat es besucht.

Text Antonia Aust
Datum 15.02.2025

„Just 30 more seconds, you’re doing great!”, feuert Hicham mich an. Während er mir die vielen Vorteile von Kältetherapie für die Gesundheit darlegt, versuche ich, nicht an die Tausenden von Nadelstichen zu denken, die meine Haut mir gerade meldet. Ich stehe kaum bekleidet in der minus 180 Grad kalten Kältekammer, nur die Füße sind in dicke Wollsocken und Hausschuhe gepackt, der Kopf schaut oben heraus und wird vom aufsteigenden Eisdampf umhüllt. Drei Minuten muss ich insgesamt aushalten, damit die Kryotherapie ihre Wirkung entfaltet. Die Methode ist im Sportbereich schon lange verbreitet, um die Muskeln bei der Regeneration zu unterstützen, die Durchblutung zu fördern und Endorphine und Adrenalin freizusetzen. Letzteres kann ich bestätigen, nach den drei eisigen Minuten ist die Prozedur überstanden, und ich fühle mich tatsächlich großartig.

Sich so fühlen wie ich jetzt und das möglichst lange: Das ist die Mission der Clinique La Prairie. Unter den vielen Spa- und Gesundheitskliniken, die seit Jahrzehnten Gäste aus der ganzen Welt in die Schweiz locken, ist die Clinique La Prairie (oder CLP, wie ihre Anhänger sie nennen) eine der renommiertesten.

Clinique La Prairie in Montreux: Weltberühmtes Medi-Spa

Seit knapp 90 Jahren ist die Klinik vor allem für Anti-Aging und Langlebigkeitsforschung bekannt. Wie sonst könnte man erklären, dass Rock-Legende Mick Jagger mit 80 Jahren noch immer die Bühnen der Welt unsicher macht, als mit seinen mutmaßlichen Besuchen dieser Klinik? Ob das Geheimnis von Mick Jaggers ewiger Jugend wirklich hier liegt, werden wir wohl nie erfahren, sicher ist aber, dass die Gegend um Montreux schon sehr lange ein Rückzugsort von Künstlern, Regenten und Filmschaffenden ist. 

Charlie Chaplin lebte im Nachbarort Vevey in seinem Anwesen Manoir de Ban, das heute als Chaplin-Museum besucht werden kann, Prince sang über die Weinberge des Lavaux, die zwischen Lausanne und Montreux liegen, Deep Purple wurden von einem Brand des Casinos in Montreux zu ihrem berühmten Song „Smoke on the Water“ inspiriert. Freddie Mercury nahm in den Mountain Studios sechs Queen-Alben auf und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Montreux. „If you want peace of mind, come to Montreux“, soll er gesagt haben. Eine Statue an der Seepromenade ehrt den Musiker – und gewährt ihm den Blick auf den geliebten See.

Medical Spa in der Schweiz: Die Umgebung der Clinique La Prairie

© Maude Rion/Montreux Riviera
„If you want peace of mind, come to Montreux“, soll Freddie Mercury gesagt haben. Beim Blick über die Riviera und den See fällt es schwer, ihm zu widersprechen.

Am Ufer des Genfersees, der hier Lac Léman genannt wird (der See gehört ja schließlich nicht nur Genf?!), liegt Montreux, im Rücken die Berge der Waadtländer Voralpen, vor sich den glitzernden See. Die besondere Lage verleiht der Region ein mildes, beinahe mediterranes Mikroklima, eine Riviera zwischen schneebedeckten Bergspitzen und sanften Weinterrassen. Eine bessere Umgebung, um sich zu erholen und Kraft zu tanken, ist kaum vorstellbar.

Es ist also nur passend, dass die Clinique La Prairie an diesem besonderen Ort liegt. Die Sonne fällt durch die große Fensterfront und taucht die „Bar“, an der vor allem Tee und Zitronenwasser über den Tresen gehen, in ihr helles Licht. Cremeweiße Bouclé-Sofas laden dazu ein, den Seeblick zu genießen und die Zeit zu vergessen. Die Rezeption und Eingangshalle der Klinik erinnert kaum an eine medizinische Einrichtung, sondern vielmehr an ein luxuriöses Wellnesshotel. Nur die Stille und das gelegentliche Auftauchen von dezent medizinisch gekleideten Krankenpflegerinnen mit Tabletts voller Fläschchen und Becher lassen darauf schließen, dass dies mehr ist als ein Hotel mit ausuferndem Wellnessangebot. Tatsächlich geht es hier nicht primär um Erholung. Es geht um Entgiftung, Gesundheit und vielleicht sogar um Unsterblichkeit. 

Wie wird man unsterblich?

© Clinique La Prairie
Ruhepool: mit Blick auf See und Bergpano­rama.

Woran sterben die meisten Menschen? Das Alter selbst ist es nicht, vielmehr kommen der Körper und seine Zellen mit fortschreitendem Alter schlechter gegen Krankheiten und Umwelteinflüsse an, ein ungesunder Lebensstil tut sein Übriges. Dagegen ist man aber nicht machtlos. Mit Ernährung, Bewegung, Wohlbefinden und der entsprechenden medizinischen Versorgung lässt sich an den Schrauben des Verfalls drehen, davon ist man hier überzeugt. Und mit regelmäßigen Detox- oder Revitalisierungskuren in der Clinique La Prairie lassen sich diese Schrauben auch nachziehen, Kostenpunkt für eine Woche: ab etwa 20.000 Euro.

Das Hotel mit 35 Zimmern und Suiten befindet sich im Hauptgebäude, die Zimmer sind edel eingerichtet, mit Ankleidezimmern, goldenen Wasserhähnen und flauschigen Bademänteln mit Monogramm. Was das Design durchbricht: Neben dem Bett und in den Bädern hängen knallrote Notfallmelder, die sofort das medizinische Fachpersonal alarmieren. Um die Schraube „medizinische Versorgung“ optimal zu bedienen, bringt ein unterirdischer Tunnel die Gäste vom Haupthaus diskret ins medizinische Zentrum, wo sich etwa 50 Ärzte um CLP-Gäste, aber auch Schweizer Patienten mit Privatversicherung kümmern. Es gibt Radiologen, Kardiologen, Gynäkologen, Zahnärzte, Rheumaexperten und viele weitere Abteilungen.

Für Gäste der Detox- und Revitalisierungsprogramme beginnt jede Kur mit Gesundheitschecks. Die reichen von der klassischen Blutuntersuchung über DNA- und epigenetische Tests bis hin zum Schwermetall-Screening, das wohl eher im Bereich der Alternativmedizin zu verorten ist. Nach kürzester Zeit kennen alle Mitarbeitenden, die es etwas angeht, die Testergebnisse der Gäste und stimmen ihre Anwendungen aufeinander ab. So entsteht aus den Kategorien Medizin, Bewegung, Ernährung und Wellness ein individuelles Programm, das den Gast die ganze Woche auf Trab hält. 

Clinique La Prairie: Ein holistisches System

© Antonia Aust
Als Dessert gibt's zum Beispiel Obst und Vanilleschaum.
© Antonia Aust
An vier Punkten auf der Handfläche soll der Oligoscan den Gehalt von Schwermetallen und Mineralien erfassen.
© Antonia Aust
Entspannt am Pool zurückziehen – das geht in der Clinique La Prairie bestens.

„Es geht nicht darum, wie ein Mönch zu leben und das Leben nicht zu genießen“, sagt Internist Dr. Mounir Ziadé, „sondern darum, sich zu verbessern und die Lebensqualität zu steigern.“ Der vergnügte Doktor, dessen Augen hinter dicken Brillengläsern riesig wirken, arbeitet seit 2006 in der Clinique La Prairie. Mit Verschwörerstimme deutet er auf die Ergebnisse meines Schwermetall-Screenings. „Hier haben Sie den Beweis, dass Sie nicht vergiftet werden. Arsen, Barium, Beryllium – alles normal. Da haben Sie aber Glück!“ Die Gefahren sieht er ohnehin eher in Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die aufgrund von falscher Ernährung und zu wenig Bewegung zunehmen.

Im Gegensatz zu einigen Detox-Hotels, in denen das Fasten im Vordergrund steht, dreht sich das Ernährungskonzept hier weniger ums Nicht-Essen als ums Anders-Essen. Morgens gibt es ein Frühstücksbuffet mit frischen Säften, Beeren, Nüssen und veganem Joghurt, mittags und abends jeweils ein Drei-Gänge-Menü (es gibt sogar Nachtisch – meistens aus Früchten). In der CLP wollen sie die Gäste motivieren, die gesunde Ernährung zu Hause beizubehalten, dafür muss es aber auch schmecken. 

Nicht ganz einfach, weiß David Alessandria, der Chef de Cuisine. Er nutzt in seiner Küche möglichst nur Produkte mit entzündungshemmenden Eigenschaften, vor allem frisches Gemüse aus der Region. Dabei verzichtet er auf Gluten, kocht zucker- und salzarm und überwiegend vegan. „Als französischer Koch war es anfangs schwierig, traditionell kochen wir ja gerne mit Butter und Sahne. Das geht hier nicht, es gibt viele verbotene Dinge.“ Inzwischen freut er sich über die Herausforderung: „So sind wir gezwungen, viel kreativer zu sein.“ 

Legenden unter sich

„To the best clinic and spa in the universe. Please continue to keep us alive“, schreibt die britische Schauspiellegende John Cleese unter seinem Porträt. Viele prominente Gesichter zieren die Wall of Fame im Tunnel zum Medical Center. Carla Bruni, Richard Burton, Romy Schneider und Marlene Dietrich waren hier. Auch Igor Strawinsky verewigte sich mit einer Zeichnung, Winston Churchill reckt in einem berühmten Porträt triumphierend das Victoryzeichen in die Höhe, Präsident Charles de Gaulle war Patient. Und selbst Papst Pius XII. vertraute seine angeschlagene Gesundheit nicht etwa dem Allmächtigen an, sondern begab sich mehrfach in die Behandlung von Dr. Paul Niehans (1882–1971), der die Klinik ab 1931 leitete. 

Von gefeierten Schönheiten bis zu lasterhaften Staatsmännern: Unter der Behandlung von Dr. Niehans fanden sie alle die passende Kur. Der Mediziner gilt als Pionier der Langlebigkeitsforschung, Erfinder der umstrittenen Frischzellentherapie und Gründer der Beautymarke La Prairie, die mittlerweile zu Beiersdorf gehört und durch Produkte etwa mit Kaviar-Extrakt die Verlangsamung des Alterns verspricht.

Auf den Spuren eines langen Lebens

© Jean-Marie Michel
Geräumig, individuell und edel sind die 35 Zimmer und Suiten eingerichtet. Aber viel wichtiger: Jedes Zimmer hat Seeblick.

Ob man in der Clinique La Prairie die Zeit zurückdrehen kann, ist wohl eher fragwürdig, aber so denkt man hier auch nicht. „Präventivmedizin“, also die Vermeidung und Vorbeugung von Krankheiten und dem allgemeinen Verfall, ist hier das Zauberwort. An den Schrauben des Verfalls arbeiten neben Medizinern auch Personal Trainer und Spa-Betreuer mit spezialisierten Massagen und Wellnessanwendungen. Insgesamt kommen etwa fünf Fachleute auf einen Gast und seinen Alterungsprozess. Und wer den dadurch noch nicht sichtbar genug aufhalten konnte, kann natürlich auch nachhelfen lassen. Kosmetisches und chirurgisches Personal gibt es hier genug.

Trotz der vielen Möglichkeiten, meinem Verfall entgegenzuwirken, konzentriere ich mich lieber erst mal auf den Wellnessaspekt der Langlebigkeit. Nach der Kältetherapie, einer Ernährungsberatung und einer Massage mit Schröpfbehandlung liege ich am Pool, den Kopf voller Gedanken über Verfall und Verderblichkeit. Die Maßnahmen, die Menschen ergreifen, um an den Schrauben des Alterns zu drehen, sind hier allgegenwärtig, die Bandbreite der Möglichkeiten immens. Aber braucht es das alles wirklich? Durch die großen Glasfronten habe ich einen direkten Blick auf den See, langsam kommt mein Geist zur Ruhe.

Von den vielen Ruhesuchenden, die nach Montreux kamen, beschrieb Leo Tolstoi 1857 den Effekt dieser Gegend besonders treffend: „Jedes Mal, wenn ich (...) die Flügel meines Fensters öffnete, das schon im Schatten lag, und den See und die grün-blauen Berge be- trachtete, die sich in der Ferne spiegelten, war ich von dieser Schönheit geblendet, die sofort auf mich wirkte, mit der Kraft der Plötzlichkeit. Ich wurde sofort von dem Wunsch ergriffen zu lieben, empfand sogar Liebe für mich selbst, und ich fing an, die vergangene Zeit zu bedauern, auf die Zukunft zu hoffen, und das Leben wurde für mich fröhlich.“

Vielleicht ist es das, was eine Kur hier so erfolgreich macht, die tiefe Schönheit der Umgebung. Und alles andere ist ein Bonus.

Sie wollen mehr über die Clinique La Prairie erfahren? Das können Sie hier.