Zu Besuch in Bullerbü und Lönneberga: Astrid-Lindgren-Orte in Schweden

Den alten roten Pfarrhof Näs in Vimmerby hat Astrid Lindgrens Vater zusammen mit seinen Eltern einst von der Kirche gepachtet. Hier wurde sie am 14. November 1907 geboren, 1920 zog die Familie in das größere, gelbe Wohnhaus gleich nebenan. Lindgrens älterer Bruder Gunnar bewirtschaftete den Hof bis in die 1960er Jahre, er kaufte der Kirche das Areal schließlich auch ab. Das gelbe Wohnhaus wird bis heute von den Nachkommen der Familie genutzt und ist Besucher:innen nicht zugänglich. 

Umso spannender ist eine Führung (Anmeldung erforderlich) durch Astrid Lindgrens Geburtshaus: Sie selbst richtete es später wieder so ein, wie es zu Lebzeiten ihrer Eltern ausgesehen hatte. Zum 100. Geburtstag der Autorin weihte Kronprinzessin Victoria 2007 außerdem einen neuen Museumspavillon ein, in dem Besucher:innen mehr über Lindgrens Leben und ihre Bücher erfahren. Highlight gerade für Kinder ist jedoch der große Garten rund um die Häuser – mit Schaukel, Hühnerstall, etlichen Verstecken und der hohlen Ulme, die Vorbild für Pippi Langstrumpfs Limonadenbaum war.

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Zugegeben: Die Eintrittspreise für den Freizeitpark Astrid Lindgrens Welt sind vor allem in der Hauptsaison wirklich gesalzen. Aber dafür wird auf dem weitläufigen Gelände auch viel geboten: In den nachgebauten Kulissen der Krachmacherstraße, der Mattisburg, der Villa Kunterbunt, des Heckenrosentals oder des Katthult-Hofes spielen Schauspieler:innen den ganzen Tag über Szenen aus den jeweiligen Kinderbüchern nach. Obwohl sie das ausschließlich auf Schwedisch tun, haben auch ausländische Besucher:innen ihre Freude daran. Dazwischen gibt es – darauf hat Astrid Lindgren selbst bestanden – reichlich Gelegenheit zum Spielen: auf dem „Nicht den Boden berühren“-Pfad, dem Stelzenparcours, mit Steckenpferden oder am Fluss von Birkenlund.

Im Mittelhof der drei Höfe von Sevedstorp wuchs Astrid Lindgrens Vater auf. Kein Wunder, dass sich die Autorin entschied, die Verfilmungen von „Die Kinder von Bullerbü“ in den 1980ern genau hier drehen zu lassen. Die Häuser sind heute weiterhin bewohnt und nicht von innen zu besichtigen. Einzige Ausnahme: In der großen Scheune ist im Juli und August mit gemütlichen Holzmöbeln das „Café Sörgården“ eingerichtet, dort gibt es neben Kaffee und Waffeln auch einen kleinen Laden. Bei schlechtem Wetter dürfen Kinder außerdem durch den Heuschober toben, bei gutem Wetter gibt es draußen reichlich Tiere zum Streicheln und Füttern. Vor allem in den Sommerferien bieten die Bewohner:innen von Sevedstorp auch Ponyreiten an. 

Sei es die „kleine, kleine Stadt“, durch die Pippi Langstrumpf mit Thomas und Annika streift, das „Kleinköping“ von Kalle Blomquist, das Västanvik von Rasmus und Pontus, Maditas Birkenlund oder Lottas Krachmacherstraße – Vorbild der vielen Kleinstädte, in denen Astrid Lindgren ihre Bücher ansiedelte, ist ihre Heimatstadt Vimmerby. So findet man bei einem Bummel durch den 9.000-Seelen-Ort bis heute reichlich Spuren der Autorin oder ihrer Figuren: Auf der Hauptstraße Storgatan etwa sollte man nach dem gelben Haus Nummer 40 Ausschau halten – dem Vorbild für den Süßwarenladen, in dem Pippi Langstrumpf einmal 18 Kilo Süßigkeiten für alle Kinder der Stadt einkaufte. 

In Haus Nummer 30 war einst die Lokalzeitung untergebracht, in der Astrid Lindgren ihr Volontariat machte. Haus Nummer 14 soll die Adresse von Meisterdetektiv Kalle Blomquist gewesen sein. Und auf dem Friedhof etwas außerhalb der Stadt kann man nicht nur das Grab Astrid Lindgrens besuchen, sondern auch das der beiden Brüder Johan Magnus und Achates Phalén, die 1860 starben – und die Autorin zu der Geschichte über die „Brüder Löwenherz“ inspiriert haben sollen.

Regisseur Olle Hellbom soll sich Anfang der 1970er Jahre an die hundert Höfe angeschaut haben, bevor er Michel aus Lönneberga schließlich hier drehte: in dem kleinen Ort Gibberyd der Gemeinde Rumskulla. Der Bauernhof, der in den Filmen als Katthult-Hof diente, wird zwar bis heute von Privatleuten bewohnt und bewirtschaftet, steht jedoch für ein kleines Eintrittsgeld auch Besucher:innen offen. Die sehen hier nicht nur die Fahnenstange, an der Michel seine kleine Schwester Ida hochzog, sondern auch die Trissebude, in der er aus Versehen seinen Vater einsperrte, den Schleifstein, mit dessen Hilfe er der Magd Lina einen Zahn zog, und selbstverständlich den legendären Tischlerschuppen. Wer sich passend ausstaffieren möchte, braucht sich nur in dem kleinen Andenkenladen umschauen: Selbstverständlich gibt es hier Michels Müsse und Büsse.

Das Filmbyn Småland in Mariannelund zeigt, wie die beliebten Kinderfilme nach Astrid Lindgrens Büchern entstanden sind. Im Museum selbst kann man sich als Held:in der Bücher verkleiden und schminken. Wer will, kann sogar selbst schauspielern und vor der Kamera stehen. Viel Platz und Raum für Kreativität und Bewegung gibt es außerdem in Pippi Langstrumpfs Küche samt dem Pferd Kleiner Onkel, einem Krämerladen, am Höllenschlund von Ronja Räubertochter oder in den Stuben von Michel aus Lönneberga.

Wer die originale Villa Kunterbunt aus den Pippi-Filmen besuchen will, muss etwas weiter reisen als nach Småland: Das berühmte Haus mit der gelb-rosa Fassade und dem grünen Dach steht im Vergnügungspark Kneippbyn auf Gotland. Überhaupt wurden auf der Ostseeinsel viele Außenszenen inszeniert: Am Kirchturm von Tofta etwa befestigte Pippi ihren Heißluftballon, durch die Nygatan in der Stadt Visby radelte sie auf ihrem Fahrrad ohne Räder. In der Touristeninformation gibt es einen Flyer, der zu allen Drehorten auf der Insel führt.