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Der richtige Riecher: Trüffelsuche im Mirnatal

Bei der Suche nach den heiß begehrten Knollen ist Trüffeljäger Nikola Tarandek auf seine Spürnasen angewiesen: die Hunde Flocki, Nero und Mala.

Text Verena Lugert
Datum 10.02.2021
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Ein Herbstwald in Istrien – das ist der Arbeitsplatz von Nikola Tarandek, Trüffeljäger. Seine Hunde Mala und Nero traben geschäftig über diesen Boden, schnuppern ernsthaft, zie­hen weiter. "Flocki!", ruft Nikola ungeduldig. Wo ist der dritte Hund abgeblieben? 

Flocki ist jung, geht noch oft seiner eigenen Wege und vergisst, warum er hier ist: um zu arbeiten, um seinem Job als Trüffelhund nachzugehen, für die zeitintensive Jagd nach dem Gold des Waldes. Der Majestät, wie man den Weißen Trüffel in Istrien nennt.

Der Weiße Trüffel: Trüffel der Mächtigen

Der echte Weiße Trüffel, der Tuber magnatum, was aus dem Lateinischen übersetzt "Trüffel der Mächtigen" heißt, ist der Trüffel der Könige und der König aller Trüffel. 

Diese kost­bare und unscheinbare Knolle mit ihrer hellbeigen, glatten Haut, stellt für Feinschmecker das Himmelreich dar. Die­ erdige Konzentration aus Duft und Geschmack, die nur dem Weißen Trüffel zu eigen ist, ist der Grund, warum Gourmets für eins der teuersten Lebens­ mittel der Welt in manchen Jahren Kilopreise von bis zu 9000 Euro berappen.

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Trüffel: Weiß ist teurer als Schwarz

Der Tuber Magnatum liegt in der Erde, bis zu dreißig Zentimeter tief. Ein geheimnisvoller Pilz, der nicht angebaut, nur gefunden werden kann. Der Weiße Trüffel ver­weigert sich bis heute jeglicher Art der Kultivierung, anders als sein etwas weniger kapriziöser Bruder, der Schwarze Trüffel (Tuber melanosporum), auch Périgord­-Trüffel genannt .

Er ist die Nummer zwei unter beiden Weltspitzen-­Trüffeln. Auch der Schwarze Trüffel wächst wild im Wald, unter der Erde. Er wird aber auch in Trüffelhainen angebaut, in angelegten Baum­plantagen, deren Setzlinge mit Trüffelsporen geimpft worden sind. Auch der Schwarze Trüffel duftet himmlisch, doch so viel weniger stark als der Weiße Trüffel. Die Preise, die er erzielt, sind  deutlich niedriger – 1000 bis 2000 Euro pro Kilo.

Ich bin täglich mit den Hunden im Wald, dem schöns­ten Arbeitsplatz der Welt!
Nikola Tarandek

Der Schwarze Trüffel wächst an vielen Orten der Welt. Den Tuber Magnatum hingegen, den echten Weißen Trüffel, findet man nur in Italien und in Kroatien. Und dort hauptsächlich in Istrien.

"Ich habe mit zwölf Jahren angefangen, selbst­ständig Trüffel zu suchen und zu verkaufen, neben der Schule«, sagt Nikola. "Meine Mutter war bereits Trüf­felsucherin, mit ihr ging ich als Kind in den Wald. Jetzt bin ich täglich mit den Hunden im Wald, dem schöns­ten Arbeitsplatz der Welt!"

Im Wald von Motovun wurden zum ersten Mal vor rund 80 Jahren Weiße Trüffel gefunden. Moto­vun, italienisch Montona, ist ein Städtchen mit einem Kastell, das auf einer Anhöhe über dem malerischen Mirnatal thront.

Der Wald von Motovun ist einer der letzten erhaltenen Auwälder im Mittel­meerraum, mit seinen Eichen, Eschen und Ulmen. Im Sommer blüht hier die Waldrebe, im Herbst bedeckt bronzegoldenes Laub die Erde.

Durch dieses Laub kommt Flocki jetzt angestoben. Er ist ein Lagotto Romagnolo, ein italie­nischer Trüffelhund. Die hochintelli­genten, gelehrigen Tiere sind wie ge­schaffen für die Jagd nach den kostbaren Knollen. Ein ausgebildeter und erfahrener Trüffelhund kann bis zu 10.000 Euro kosten. 

Früher Schweine, heute Hunde

Es ist harte Arbeit, die Hunde so zu trainieren, dass sie die Trüffel, wenn sie sie finden, nicht fres­sen, denn der Hunger darauf wird dem Hund antrainiert. Gleich nach der Ge­burt werden die Zitzen der Hundemut­ter mit Trüffelöl benetzt. 

"Man kann jeden Hund für die Trüffelsuche trainieren", sagt Nikola. Hunde können Duftspuren aus unterschiedlichen Richtungen dif­fenzieren, können "stereo" riechen. Früher wurden Schweine zur Trüffelsuche einge­setzt. Doch sie graben die Erde so stark um, dass dabei das unterirdische Pilznetzwerk beschädigt wird. 

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Der Trüffel und die Libido

Schon in der Antike wurde der Knolle eine libidosteigernde Wirkung nachgesagt. Und auch die Fruchtbarkeit, hieß es später, soll der Trüffel fördern können. Diese Gerüchte hielten sich hartnäckig über Jahrhunderte. 

Die Legendenbildung wurde auch befördert vom Geheimnis, das den Trüffel umwehte – man wusste nicht, wie sich der Trüffel vermehrte. Die Griechen glaubten, dass die Knollen durch Blitz und Donner erschaffen würden. Andere dachten später, dass Trüffel nur bei Vollmond wüchsen. 

Gerade der Weiße Trüffel gibt Biologen immer noch Rätsel auf: Warum lässt er sich nicht züchten? Wie entsteht sein Geruch? Das Genom des Schwarzen Trüffels wurde inzwi­schen entschlüsselt, doch bis die Genom-­Sequenzie­rung des Weißen Trüffels abgeschlossen ist, bleibt der Tuber Magnatum ein Mysterium.

Trüffelduft sichert die Fortpflanzung

Nicht nur die Menschen sind verrückt nach ihm, auch Wühlmäuse oder Wildschweine macht der Duft des Weißen Trüffels kirre. Warum riecht er so stark? Lan­ge hatte die Wissenschaft keine Antwort auf diese Frage. Heute weiß man: Das umwerfende Aroma ist eine komplexe Komposition aus flüchtigen organi­schen Verbindungen. 

Dieser Trüffelgeruch ist eine von der Natur hochintelligent eingefädelte olfaktorische Kontaktaufnahme. Trüffelduft ist Fortpflanzungskalkül. Denn wie sonst sollten, tief im Waldboden liegend, die Trüffel ihre Sporen an die Erdoberfläche schaffen – auf dass sie von Wind und Wetter im Wald verteilt werden? 

Durch ihren Duft bringen die Trüffel die Waldtiere dazu, sie auszugraben, sie zu fressen. Und dann mit ihrem Kot die Sporen im Wald zu verbreiten. Die schlauen Pilze beginnen genau dann zu duften, wenn die Sporen, die sie im Fruchtkörper tragen, ihren optimalen Reifegrad erlangt haben. Exakt dann setzt das Aroma-Orchester des Trüffels, sodass es Lust und Gier entfacht.

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Trüffel duften nur, wenn sie ganz sind

Wie bei Nero, Mala und Flocki, die gespannt warten, was Nikola jetzt aus der Erde befördern wird. "Nein", ruft Nikola verzweifelt, "das gibt’s nicht!" Der Trüffel ist winzig – und obendrein auch noch gebrochen. "So ist er so gut wie nichts mehr wert", sagt Nikola grimmig, "denn durch die Bruchstelle verflüchtigt sich sein Aroma in Windeseile ...". 

Auch die Hunde scheinen enttäuscht, sie schlurfen neben ihrem Herrchen her. Man sieht schon das geparkte Auto, da kommt Bewegung in Flocki, er schnuppert an einem Gesträuch, das eine Eiche umgibt, gräbt wild. Nikola beugt sich herab, tastet, bringt ihn dazu, abzulassen, gräbt vorsichtig selbst. 

Auch jetzt steigt aus der Erde wieder dieser umwerfende Trüffelduft auf. Und nun stößt Nikola einen kleinen Freudenschrei aus, reckt seinen Handteller mit einem wunderschönen Trüffel darauf in die Höhe und überschüttet Flocki mit Koseworten. Der verspielte Junior-Trüffelhund hat ihm heute den Tag gerettet!

Und dann bettet der Trüffeljäger die Knolle in ein Tuch, verstaut es vorsichtig in seiner Tasche. Ruft seine Hunde und verlässt mit ihnen diesen Zauberwald. Und alle drei umgibt dieser Duft wie ein Schleier: dieser köstliche, erdig-animalische Geruch seiner Majestät, des Tuber Magnatum, des Königs der Trüffel.

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