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Städtereisen

Die 11 Great Spa Towns of Europe: Von Karlsbad bis Baden-Baden

Bereits im Jahr 2021 durften sich elf europäische Städte über die Auszeichnung der UNESCO als „Great Spa Town of Europe“ freuen. Merian stellt die elf herausragenden Kurstädte in Europa vor.

Text Milena Härich
Datum 12.02.2024

Ob Spa, Vichy oder Marienbad – all‘ diese Schönheiten haben gemein, dass ihre natürlichen Quellen schon vor Jahrhunderten entdeckt und nutzbar gemacht wurden. Insbesondere die Römer erkannten die heilende Kraft und die Auswirkungen der Mineralquellen auf ihr Wohlbefinden. Doch erst im 18. und 19. Jahrhundert feierten die „Great Spa Towns of Europe“ den Aufschwung zur Kurstadt, zogen zumeist wohlhabende Menschen bis hin zu Adeligen an und gewannen an Prosperität. 

Bis heute zeugen Barockbauten und Belle-Epoque-Häuser, Brunnen im Jugendstil und Biedermeier-Architektur von dem Wohlstand der Kurstädte in den vergangenen Jahrhunderten. Das macht die „Great Spa Towns of Europe“ nicht nur zu einem erstklassigen Ziel für Kurgäste, sondern auch für alle anderen Reisenden.

Tschechien und Deutschland trumpfen jeweils mit gleich drei Kurstädten auf, die sich der Auszeichnung verdient gemacht haben. Belgien, Frankreich, Italien, Österreich und England glänzen mit je einer Kurstadt, deren Bedeutung für das Welterbe laut UNESCO herausragend ist.

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Elegante französische Kurstadt: Vichy

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Hier zu sehen: der Palais des Congrès-Opéra in Vichy, eines der Wahrzeichen der Kurstadt.

Man werfe nur einen Blick auf das französische Vichy: Schon im 16. Jahrhundert hatte sich die Kunde weit verbreitet, dass die hiesigen Natriumhydrogencarbonat-Quellen eine heilende Wirkung haben sollen. Napoleon III. sorgte dann im 19. Jahrhundert – nachdem bereits seine Mutter in Vichy eine Kur angetreten hatte – eigens dafür, dass die Perle am Allier zu einer wahren Kurstadt nach tschechischem Vorbild wurde und selbst wiederum andere französische Städte hinsichtlich Architektur und Kultur inspirierte. 

Großzügig angelegte und sorgsam gehegte Parkanlagen, Kolonnaden und Promenaden mit Stuck, Fresken und Marmor: Vichy zeugt noch heute von der langen Tradition als Kurstadt und reiht sich damit bestens in die Riege bedeutender Kurbäder ein. 

Nachdem Napoleon die hübsche Stadt zu seiner Sommerresidenz auserkoren hatte, kam internationaler Adel, um Vichy und seine Heilquellen zu erkunden. Nicht umsonst trug die Stadt im 20. Jahrhundert den bedeutungsschweren Titel „Reine des villes d’eaux“: Königin der Kurbäder. Heutzutage werden noch sechs der insgesamt zwölf Quellen für den Kurbetrieb genutzt, darunter drei kalte und drei warme.

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Great Spa Town in Tschechien: Franzensbad

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Im malerischen Franzensbad warten zwölf kalte Quellen auf Reisende.

Auch das tschechische Franzensbad (Františkovy Lázně) verdankt seinen Aufstieg zum Kurbad und seine Beliebtheit bei der A-Prominenz der vergangenen Jahrhunderte bedeutenden Politikern. „Klein Karlsbad“, wie Franzensbad oft liebevoll in Reminiszenz an den größeren und noch bekannteren Kurort genannt wird, wurde insbesondere nach Wunsch von Kaiser Leopold II. und später Franz I., dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, als Kurstadt angelegt und ausgebaut. Letzterem verdankt die Stadt auch ihren eingängigen Namen. 

In Franzensbad finden Reisende zwölf kalte Quellen, die noch heute für den Kurbetrieb genutzt werden. Architektonisch interessant ist hier unter anderem die Straße Ruská, an die sich eine Häuserreihe im klassizistischen Stil schmiegt. Im Kurbezirk der Stadt dominieren Gebäude aus dem Klassizismus und der Belle-Epoque, insbesondere in Stuckweiß und Gelb. Die Franzensquelle, die älteste des Kurbades, befindet sich in einem zauberhaften weißen Rondell mit hellgrüner Kuppel und bodentiefen Fenstern.

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Berühmte Kurstadt mit Charme: Karlsbad

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Die Marktkolonnade in Karlsbad stammt aus dem späten 19. Jahrhundert und ist eine der schönsten Bauten der Stadt.

Karlovy Vary – oder Karlsbad, wie die Stadt auf Deutsch heißt – ist die größte Kurstadt in Tschechien. Mehr als 80 Mineralquellen entspringen in der Umgebung; zwölf werden heute in Karlsbad noch aktiv, auch als Trinkwasserquellen, genutzt. Einige der Mineralquellen wurden bereits im 14. Jahrhundert entdeckt und genutzt, um Karlsbad zu einem Ort der Erholung zu machen. Insbesondere bei Adeligen wurde die Kurstadt im 16. Jahrhundert zu einer beliebten Ruheoase. 

Indes sind aus dem Mittelalter aufgrund von Bränden und Überschwemmungen nicht mehr viele Bauten erhalten geblieben – wer heute durch Karlsbad schlendert, staunt vor allem über Bäderarchitektur aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

Besonders schön sind zum Beispiel die Weiße Kolonnade, die Marktkolonnade, die Schloss- und die Sprudelkolonnade. Diese Zeugnisse aus der Hochzeit der Kurstadt im 19. Jahrhundert verzaubern mit stuckverzierten Säulengängen und beherbergen Heilquellen. Die berühmteste Quelle der Stadt, die Vřídlo, entspringt in der Sprudelkolonnade und ist 72 Grad heiß. Ihre Fontäne erreicht eine Höhe von bis zu 14 Metern. 

Die 132 Meter lange Mühlenkolonnade von Architekt Josef Zítek hingegen gilt als Hauptkolonnade von Karlsbad, denn sie wird gesäumt von etlichen Kurhäusern und -hotels. Ganz in der Nähe finden Reisende das Grandhotel Pupp aus dem Jahr 1701, eines der schönsten Häuser der Stadt und Kulisse des Karlsbader Filmfestivals. Hotelgäste finden auch hier einen Spa-Bereich, der sich der Tradition der Kur bedient und diese modern interpretiert.

4

Zwischen Historismus und Jugendstil in Marienbad

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Wer durch Marienbad schlendert, sollte sich unbedingt die Maxim-Gorki-Kolonnade mit der singenden Fontäne anschauen.

Neben Karlsbad und Franzensbad ist Marienbad die dritte tschechische Stadt im Bunde. In der Ferdinandquelle – benannt nach König Ferdinand I., der das hiesige Quellwasser untersuchen ließ – wurde bereits im 16. Jahrhundert Glaubersalz entdeckt. Drei Jahrhunderte später erlebte Marienbad dann den Aufschwung zum Kurbad, wovon bis heute prächtige Gemäuer und Bauten im Historismus- und Jugendstil zeugen. 

Wer ein besonders eindrucksvolles Zeugnis der Bäderarchitektur bestaunen möchte, schaut sich die Hauptkolonnade der Stadt namens Maxim Gorki an: Gelber Stuck trifft auf mit Fresken besetzte Säulen und einen gigantischen, bogenförmigen Eingang. Daneben: die singende Fontäne von Architekt Pavel Mikšík aus den 1980er Jahren. Aus diesem Springbrunnen ertönen tatsächlich regelmäßig sanfte Klänge, etwa von Wolfgang Amadeus Mozart, Frédéric Chopin oder Johann Sebastian Bach. 

5

Kurstadt in Rheinland-Pfalz: Bad Ems

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In Bad Ems wird die Lahn von zahlreichen Prachtbauten in verschiedenen Architekturstilen gesäumt.

Marienbad, Franzensbad, Karlsbad: In all diesen Bezeichnungen lässt sich die altbewährte Tradition und Funktion dieser Städte bereits erahnen. Das gilt auch für die deutschen „Great Spa Towns of Europe“: Bad Ems in Rheinland-Pfalz, Baden-Baden in Baden-Württemberg und Bad Kissingen in Bayern. 

Wer durch die Gassen von Bad Ems schlendert, wird sich des Zaubers der Kurstadt nicht verwehren können: Im historischen Kurviertel verbinden sich verschiedene Architekturstile miteinander – vom Badeschloss im Barockstil, das in der Vergangenheit mehrfach als private Unterkunft für Adelige diente, bis hin zum Kurtheater mit einer Bühne im Neorokoko-Stil und dem prachtvollen Marmorsaal, der stets viele „Aahs“ und „Oohs“ hervorruft. 

Besonders imposant: In Bad Ems steht die älteste Brunnenhalle von Deutschland, in der Gäste das hiesige Heilwasser aus gleich drei Quellen probieren können. Dass bedeutende Persönlichkeiten wie Kaiser Wilhelm I., Johann Wolfgang von Goethe und Bettina von Arnim Bad Ems zur Sommerresidenz auserkoren haben, verwundert beim Rundgang durch die Kurstadt nicht im Geringsten.

6

Baden-Baden: Berühmte Kurstadt im Schwarzwald

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Hier zu sehen: der malerische Eingang der Trinkhalle in Baden-Baden.

Weiter südlich, im idyllischen Schwarzwald, erheben sich Prachtbauten über die Stadt Baden-Baden. Überregional bekannt: das Kurhaus von Architekt Friedrich Weinbrenner im Stil des Klassizismus. In diesem schneeweißen Gebäude mit einem von Säulen gestütztem Vordach und beidseitigen Flügeln ist unter anderem das Casino von Baden-Baden untergebracht – welches in Architektur und Interieur dem Schloss von Versailles nicht unähnlich ist. 

Vom Kurhaus aus bietet sich ein kurzer, etwa fünfminütiger Spaziergang zur Trinkhalle an, die eine der zahlreichen Thermalquellen von Baden-Baden beherbergt. Der Wandelgang mit filigranen Wandgemälden und mit Fresken besetzten Säulen erinnert an die römische Geschichte der Stadt: Schon zur Zeit der Besiedelung durch die Römer wurden die hiesigen Quellen zum Baden genutzt. Doch erst im 19. Jahrhundert entwickelte Baden-Baden sich zur berühmten Kurstadt, die sie noch heute ist – und wurde sogar vielfach als „Sommerhauptstadt von Europa“ betitelt. 

Gegenwärtig zeugen vor allem die moderne „Caracalla Therme" und das „Friedrichsbad“ im Renaissance-Stil, das das Ambiente des einstigen römischen Badetempels bewahrt, von der altehrwürdigen Bädertradition der Stadt. 

7

Bad Kissingen: Deutsche Kurstadt von herausragender Bedeutung

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In diesem hübschen Gebäude im Kurpark von Bad Kissingen ist die Tourist-Information untergebracht.

Klassizismus und Historismus en masse findet man auch in Bad Kissingen im bayerischen Saale-Tal, wo bereits Kaiserin Sissi, Theodor Fontane und Leo Tolstoi zu Gast waren. Die Heilquellen des Kurbades, von denen heute noch sieben in Nutzung sind, dienten ursprünglich der Salzgewinnung, doch bereits vor mehreren Jahrhunderten überzeugte man sich von der therapeutischen Wirkung des mineralhaltigen Wassers. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erhielt die Stadt Kissingen dann wegen ihrer Tradition als Kurbad den Zusatz „Bad“. 

Bis heute finden sich hier etliche prunkvolle Bauten im Kurviertel, die an die Hochzeit von Bad Kissingen als Magnet für Erholungssuchende erinnern. Der Regentenbau und das ehemalige Luitpold-Bad sind mindestens genauso schön wie die von prächtigen Bogengängen und hübschen Säulen durchzogene Wandelhalle, in der sich die bekannteste Heilquelle der Stadt befindet: Sie entspringt im Rakoczy-Brunnen und gibt das Kissinger Bitterwasser aus. Den ältesten Heilbrunnen der Stadt finden Besucher:innen hingegen im Kurgarten: Er wird als „Maxbrunnen“ bezeichnet und wurde bereits im frühen 16. Jahrhundert erstmals erwähnt. 

8

Die Great Spa Towns of Europe: Spa in Belgien

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Herrschaftlich residieren: Das geht im Hotel Manoir de Lébioles vor den Toren der Stadt.

Vorreiter für alle Kurstädte, die den Namenszusatz „Bad“ tragen, ist übrigens die belgische Stadt Spa – schließlich ist aus ihrem Namen überhaupt der Begriff „Spa“ entstanden, den wir heute mit Wellness assoziieren und der im Deutschen der Einfachheit halber vielfach als „Bad“ übersetzt wurde. Es ist zwar nicht eindeutig belegt, seit wann die Quellen in Spa genutzt werden – häufig geht man auch hier von der Zeit der Römer aus –, doch die Kurstadt selbst bildete sich schon Anfang des 14. Jahrhunderts im Hohen Venn, nahe der deutsch-belgischen Grenze. 

Ihre Hochzeit als Kurbad feierte die belgische Stadt wie die meisten anderen im 18. und 19. Jahrhundert. Bekannt ist Spa seitdem und bis heute insbesondere für eisenhaltige Wasserquellen, die hier „Pouhons“ genannt werden. Häufig sind sie nach berühmten Persönlichkeiten benannt, etwa der „Pouhon Pierre le Grand“, der Quellbrunnen Peters des Großen, der Spa bereits im frühen 18. Jahrhundert einen Besuch abstattete und hingerissen war. 

Les Thermes de Spa, eine großzügige Therme, die traditionelle und moderne Wellnessanwendungen verbindet, ist derzeit eines der beliebtesten Ziele für Kurgäste innerhalb von Spa. Die dort untergebrachten Bäder gibt es bereits seit dem späten 19. Jahrhundert; unter anderem finden Besucher:innen hier Minerwalwasserbäder mit einer Temperatur von bis zu 33 Grad Celsius.

Ein wunderschönes Hotel vor den Toren der Stadt ist das Manoir de Lébioles, das in einem Herrenhaus aus dem frühen 20. Jahrhundert untergebracht ist.

9

Montecatini Terme: UNESCO-Welterbe in Italien

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Die Terme Tettuccio ist eines der beliebtesten Bäder in Montecatini Terme.

Im italienischen Montecatini Terme leben nur rund 200.000 Menschen, es kommen aber pro Jahr bis zu zwei Millionen Reisende, um die Kurstadt zu sehen und die Thermalbäder der Stadt – insgesamt sind es sieben Stück – zu nutzen. Das Wasser von Montecatini Terme verfügt über einen ausgesprochen guten Mineralgehalt und wird aufgrund dieser Eigenschaft häufig zur Linderung von Stoffwechselbeschwerden sowie Leber- und Gallenwegserkrankungen eingesetzt. 

Der Parco delle Terme di Montecatini beherbergt verschiedene Thermalbäder, das Wahrzeichen ist das allseits beliebte Stabilimento Tettuccio, in dem viele Elemente des römischen Bades erhalten blieben und das an einen prächtigen Palast erinnert. In Montecatini Terme finden Besucher:innen Art-nouveau-Architektur an jeder Ecke; außerdem ist die toskanische Stadt, die inmitten einer grünen Hügellandschaft zwischen Pisa und Florenz liegt, für besondere kulinarische Ergüsse bekannt. 

10

Bedeutende Kurstadt in Österreich: Baden

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Ein Prachtgebäude im Stil der Neorenaissance: das Casino von Eugen Fassbender und Maximilian Katscher.

Das österreichische Baden hingegen trumpft seit mehreren Jahrtausenden mit besonders schwefelhaltigen Mineralquellen auf. Hinzu kommt, dass die Stadt in Niederösterreich dank ihrer hervorragenden Luftqualität als Luftkurort ausgezeichnet wurde. 

Auch hier findet sich neben der Vielzahl an Schwefelquellen ein Sammelsurium aus Bauten unterschiedlicher Architektur-Epochen: Die ehemalige Sommerresidenz von Kaiser Franz I., das Kaiserhaus, wurde im Stil der klassischen Architektur errichtet, während das Casino, gestaltet von den Architekten Eugen Fassbender und Maximilian Katscher, im Gewand der Neorenaissance daherkommt. In Baden finden Architektur-Liebhaber etliche Bauten im Biedermeier-Stil, die an die Prosperität aus der Zeit als Bade- und Kurort erinnern. 

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Bath: Die Great Spa Town of UK

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Eine besondere Sehenswürdigkeit in Bath ist die halbmondförmige Häuserreihe Royal Crescent.

Zuletzt lohnt noch ein Blick ins englische Bath, das von georgianischer Architektur, insbesondere solche aus der Regency-Ära (etwa zwischen 1800 und 1830), dominiert wird. 43 n. Chr. entdeckten die Römer in Bath die Mineralquellen und funktionierten sie um. Schon Elizabeth I. war in Bath zu Gast und trug maßgeblich dazu bei, dass der Ruf der Stadt im Mittelalter florierte. 

Bath war in den vergangenen Jahrhunderten immer ein Zufluchtsort – und auch Wohnort – des wohlhabenden Teils der englischen Gesellschaft. Bereits 1987 wurde die Stadt als UNESCO-Weltkulturerbe eingestuft; seit 2021 trägt sie also zwei dieser vielsagenden Titel. 

An das reiche Erbe als Kurstadt erinnern heute insbesondere die Römischen Bäder in Bath. Baden lässt es sich hier zwar nicht mehr, aber die Architektur und das Ambiente in diesen Gemäuern lohnen einen Besuch. Früher befand sich rundherum die römische Siedlung Aquae Sulis, deren Überreste auch heute noch sichtbar sind. 

Imposant ist auch die Häuserreihe Royal Crescent aus dem georgianischen Zeitalter, die sich halbmondförmig an eine Seite des Victoria Parks schmiegt und in der ein Museum untergebracht ist, das über das Leben der Reichen und Schönen im Georgianischen Zeitalter in Bath informiert. Die Fassade wird ergänzt von mehr als 100 Säulen, die es zu einem der schönsten Bauwerke in Bath machen.