© Matthias Plander/Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg
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Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg: Ein Haus und seine Geschichte

Aus einem Haus wurden 14, aus elf Zimmern wurden 156, aus dem Hotel Vier Jahreszeiten wurde die erste Adresse an der Alster. Die Luxusherberge kann Tausende Anekdoten erzählen, sie handeln von großen Ambitionen, lebenslanger Treue, exzentrischen Film- und mit Pudding werfenden Rockstars. Merian war zu Besuch.

Text Tinka Dippel
Datum 24.03.2025

Wenn es dämmert, wirken die Mauern des Hotel Vier Jahreszeiten, als leuchteten sie von innen, und ihr Spiegelbild sieht im Wasser der Binnenalster aus, als seien die Wurzeln des Hauses sichtbar. Tiefe Wurzeln sind das, und auch wenn sie nicht wirklich sichtbar sind: spürbar umso mehr. Was sich zwischen den Mauern abgespielt hat, füllt Bücher. Wie Sophia Loren ein Badezimmer ihrer Suite Nummer 209 zur Küche umbauen ließ, um ihrem Ehemann Carlo Ponti Pasta kochen zu können, wie Mick Jagger am Kronleuchter hängend mit Pudding um sich warf, wie Bud Spencer Steak-Portionen in Familien-Dimension verschlang. Und so fort, wo das wahre Leben endet und die Legenden beginnen, da scheint der Übergang oft fließend. 

„Es gibt tausend Geschichten, die man erzählen könnte”, sagt Ingo Peters, seit mehr als einem Vierteljahrhundert geschäftsführender Direktor des Hauses. „Aber 99 Prozent davon bleiben hier im Haus.“ Das meiste behalten die Mauern für sich, erzählen es, wenn überhaupt, erst Jahre später. Wer hier eincheckt, bucht die Diskretion mit. 

Der Ursprung des Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg

© Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg
Dieser Raum wird noch viele Berühmtheiten kommen und gehen sehen: Die Präsidenten Suite in der vierten Etage misst 200 Quadratmeter.

Das Haus mit der Adresse Neuer Jungfernstieg 11 war ein Geschenk. Der aus Stuttgart-Gaisburg stammende Gastronom Friedrich Haerlin machte es sich selbst für 420.100 Reichsmark auf einer Auktion an seinem 40. Geburtstag, dem 24. Februar 1897. „Zu den Vier Jahreszeiten“ hieß es, weil es anders als die allermeisten Hotels damals das ganze Jahr über geöffnet hatte. Der Hotelname blieb in verkürzter Form bis heute, den Gründernamen Haerlin trägt seit 1918 das Gourmet-Restaurant, dessen Eingang gleich neben der Rezeption liegt. Der einstige Heuboden für die Pferde der Kutschen ist heute das Obergeschoss des Café Condi, die teils sehr breiten Flure erinnern an Zeiten, als das Gepäck noch nicht so kompakt und handlich war wie heute. Die Geschichte ist an vielen Stellen ablesbar, auch an der Architektur, die nicht aus einem Guss ist. 

Friedrich Haerlin ließ dieses Haus wachsen, Hausnummer um Hausnummer kam dazu, Neuerung um Neuerung, Fahrstühle, Bäder auf den Zimmern. Der Standard und der Ruf des Vier Jahreszeiten wuchsen mit, aus einer maroden 11-Zimmer-Herberge wurde binnen weniger Jahre ein Weltklasse-Grandhotel. Heute hat es 156 Zimmer und Suiten und umfasst einen ganzen Häuserkomplex, ist ein Patchwork aus 14 Gebäuden, das sich hinter der zur Alster hin einheitlichen Fassade um drei Höfe gruppiert. „So ein Hotel kann keiner kopieren”, meint Ingo Peters. Es ist wirklich so, wie schon oft beschrieben: Wer, begrüßt durch einen der rot livrierten Portiers, durch die Drehtür von der Alsterseite in den in goldenes Licht getauchten marmornen Eingangsbereich geschwungen wird, landet in einer kleinen eigenen Welt. Gepäckstücke verschwinden sofort wie von selbst, laute Geschäftigkeit wird wie automatisch runtergedimmt. „Leiser Luxus“, so umschreibt Ingo Peters die Atmosphäre. 

Hoteldirektor Peters: „Das Wichtigste sind die Mitarbeiter”

© Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg
Genussraum und Schatzkammer: Mehr als 100.000 Flaschen lagern auf etwa 500 Quadratmetern im Weinkeller.

Peters ist der vierte Hoteldirektor in 126 Jahren. Friedrich Haerlin zog sich nach 35 Jahren zurück, sein Sohn Fritz leitete das Haus mehr als drei Jahrzehnte lang – unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg und die Jahre danach, als die Briten das Haus beschlagnahmt hatten. Sein Nachfolger Gert Prantner blieb 17 Jahre. Ingo Peters begann am 2. August 1981 seine Ausbildung, als Page, das weiß er noch genau. „Der Portier sagte: Hier sind Blumen für Heinz Rühmann, bring die mal hoch“, erzählt er. „Und als Rühmann mir die Tür aufgemacht hat, habe ich vor Ehrfurcht direkt die Blumen fallen lassen.“ Er ging später in die USA und nach Thailand – und kehrte 1997, zum 100. Geburtstag des Hotel Vier Jahreszeiten, als Direktor wieder. „Ich kam zurück, und nichts hatte sich verändert.“ Er sagt, das Haus sei wie eine große Familie, „das Wichtigste sind die Mitarbeiter.“ Ein erstaunlicher Satz von jemandem, der täglich mit sehr hochrangigen Gästen zu tun hat.  

Die eigene Küche der Sophia Loren ist nur eines der zahllosen Extras, das Haus hat um die 60 Prozent Stammgäste, die es gerne haben, wenn ihre Sonderwünsche berücksichtigt werden. Und eine Stammbelegschaft, die diese Wünsche genau kennt. Rund 300 Menschen arbeiten hier, an der Rezeption, in den neun Restaurants und Bars, im Zimmerservice, in der hauseigenen Floristik, im legendären Weinkeller. Viele bleiben dem Haus ein ganzes Arbeitsleben lang treu. 

Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg: Ein Oldtimer mit Hybridmotor

© Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg
Vier Direktoren in 126 Jahren, jeder setzte Akzente. Ingo Peters erweckte etwa das Dach zum Leben.

Und doch verändert sich immer wieder viel im Hotel, Technik und Infrastruktur etwa: „Wir haben in den letzten 25 Jahren alles von links auf rechts gedreht, jeden Raum in die Neuzeit gebracht“, sagt Ingo Peters. Die Mauern blieben, aber alle Rohre mussten erneuert werden, bei laufendem Betrieb. Wenn man einmal zumache, würden Gäste und Mitarbeiter sich eine neue Bleibe suchen, sagt der Chef. „Das Haus ist jetzt wie ein Oldtimer mit zeitgemäßem Hybridmotor.“

Ein Spa wurde eingerichtet und zwei Herzensprojekte des Direktors wurden verwirklicht: die Dachterrasse mit Blick über die Dächer der Stadt und den Weinkeller erlebbar zu machen. Bis 1914 war er der Kohlenkeller, seit mehr als 100 Jahren ist er die Schatzkammer des Hauses. Unter den Colonnaden, der Einkaufsstraße hinter dem Hotel, lagern dort um die 100.000 Wein- und Champagnerflaschen in einem Gesamtwert von mehr als zwei Millionen Euro. Die älteste Flasche, ein „Clos de la Roche, Reserve de la Maison“, stammt aus dem Gründungsjahr 1897. Genießbar ist er nicht mehr, aber ein Zeitzeuge. Wenn man ihn nur zum Erzählen bringen könnte, so wie die Mauern des Hauses! 

Kulinarik im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg

© Guido Leifhelm/Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg
Optisch und geschmacklich ein kleines Festival: ein Abend im Nikkei Nine.

Neun Restaurants und Bars beherbergt das Vier Jahreszeiten. Hier eine Auswahl.

Die Wohnhalle

Die Wohnhalle gilt als das Herz des Hotels. Viele Hamburger kommen für ein Club-Sandwich oder einen Kaffee vorbei, versinken in einem Sessel und genießen den Blick auf die Alster. Im Winter sehr beliebt: der Afternoon Tea. 

Grill

Elemente der historischen Ausstattung sind geblieben, ansonsten ist das Restaurant seit September 2023 komplett renoviert. Immer auf der Karte: Fisch, Steak und der „Jahreszeiten Burger“. 

Restaurant Haerlin

Seit mehr als 20 Jahren kreiert und kocht Christoph Rüffer hier Menüs vom Allerfeinsten. Seine sechs Gänge sind immer passend zur Jahreszeit komponiert und von Küchen aus aller Welt inspiriert. Wer dazu die Weinbegleitung bestellt, kostet einen kleinen Ausschnitt der Schätze aus dem Keller. 

Nikkei Nine

Ceviche, Sushi, Gyoza, Ramen, Black Cod: Nicht nur die japanisch-peruanische Küche im Nikkei Nine ist ein Genuss, sondern auch das sehr stylishe Interieur. 

Café Condi

Es war Fritz Haerlin, der Sohn des Hotelgründers, der 1935 das Konditorei-Café eröffnete, das bis heute beliebter Treffpunkt vieler Hamburger mit Blick auf die Alster ist. 

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