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Urlaub abseits der Massen: 7 Alternativen zu überfüllten Reisezielen

Barcelona, Venedig, Amsterdam: Immer mehr europäische Reiseziele ächzen unter den negativen Folgen des Massentourismus. Um die Destinationen zu entlasten, lohnt ein Blick auf Alternativen. Merian empfiehlt sieben Orte – nicht überfüllt und unbedingt eine Reise wert.

Text Mila Krull
Datum 15.05.2024

Wenn der europäische Sommer anbricht und die Hauptreisezeit einläutet, gibt es vielerorts kein Durchkommen mehr. Ob in den schmalen Gassen der Cinque Terre, auf den Fähren Richtung Santorini oder auf den Brücken von Venedig: Menschenmassen drängen sich durch die Straßen auf der Suche nach den schönsten Fotomotiven, berühmten Sehenswürdigkeiten oder der nächsten Einkehr.

Nicht nur die Infrastruktur der beliebten Reisedestinationen stößt dann an ihre Grenzen. Auch für die Anwohner:innen der Großstädte und Urlaubsregionen wird der Ansturm zur Belastungsprobe. Müll, Lärm und steigende Preise sind nur einige der negativen Folgen des Overtourism. Immer mehr Destinationen ergreifen deshalb Maßnahmen gegen den Ansturm. Als jüngstes Beispiel erhebt die Stadtverwaltung von Venedig seit Ende April ein Eintrittsgeld für Tagesgäste.

Um die Destinationen vor allem in der Hauptreisezeit zu entlasten und seinen Urlaub abseits der Touristenströme zu verbringen, lohnt ein Blick fernab der Instagram-Hotspots. Im Folgenden stellen wir sieben interessante Alternativen zu überfüllten Reisezielen in Europa vor.

1

Paros statt Santorini

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Postkarte aus Griechenland: Das Städtchen Naoussa auf Paros

Wer in den Sommermonaten per Fähre auf Santorini anlandet, möchte mitunter gleich wieder umdrehen. Der kleine Inselhafen platzt dann aus allen Nähten, Reisebusse schrauben sich im Minutentakt die Serpentinen hoch und in den Städten Fira und Oia drängen sich die Massen durch viel zu enge Straßenzüge. 

Eine ebenso schöne und gleichzeitig deutlich entspanntere Alternative ist Paros. Nur rund 80 Kilometer nördlich von Santorini punktet die Kykladen-Insel mit ähnlich charmanten Dörfern, historischen Kirchen und Windmühlen sowie einer Vielzahl lebendiger Tavernen. Die weiß getünchte Inselhauptstadt Parikia mit ihren von Bougainvilleen geschmückten Gassen und den tiefblauen Dächern und Fensterläden steht der berühmten Stadt Fira in nichts nach. An einer ruhigen Bucht gelegen, können Besucher:innen hier ganz entspannt einen Kaffee einnehmen und den Blick über die Promenade, die Lokale und die Boote schweifen lassen. Ein weiterer Ausflugstipp befindet sich im Norden von Paros: Die kleine Stadt Naoussa verbreitet romantisches Inselflair. Lichterketten, Terrassen mit Blick auf den Hafen, urige Fischrestaurants und Pflasterstraßen erwecken griechische Sommernachtsträume zum Leben.

2

Triest statt Venedig

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Triest ist die östlichste Stadt Italiens.

Kaum eine europäische Stadt leidet derart unter dem Massentourismus wie Venedig. Die Besucherströme haben in den vergangenen Jahren hohen Schaden angerichtet. Brücken und Wege sind marode, Preise für Waren und Dienstleistungen steigen und immer mehr Anwohner:innen müssen ihr überfülltes Zuhause verlassen. Seit 2021 dürfen deshalb keine Kreuzfahrtschiffe mehr im Hafen der Lagunenstadt anlegen. Als weitere Maßnahme verlangt Venedig seit Kurzem ein Eintrittsgeld für Tagestourist:innen

Nur knapp zwei Fahrstunden von Venedig entfernt liegt ein noch eher unbekanntes Reiseziel. Triest ist die östlichste Stadt Italiens, grenzt unmittelbar ans Mittelmeer und vereint verschiedene kulturelle Einflüsse. Die Nähe zu Slowenien und Österreich schlägt sich nicht nur kulinarisch, sondern auch architektonisch und sprachlich nieder. Und übrigens: Auch in Triest kann man am Canale Grande entlangschlendern. Mit seinem berühmten Namensvetter in Venedig hat das hiesige Exemplar jedoch eher weniger gemein. Gerade einmal 300 Meter ragt der Kanal ins Zentrum. Dennoch führt kaum ein Weg an ihm vorbei: Links und rechts säumen die prachtvollen, habsburgisch geprägten Bauten des Viertels Borgo Teresiano sein Ufer und am Ende thront die Kirche Sant’ Antonio Nuovo. Von der Geschichte der Stadt zeugen Sehenswürdigkeiten wie das Teatro Romano aus dem 1. Jahrhundert, in dem auch heute noch Veranstaltungen stattfinden, oder das mittelalterliche Castello di San Giusto. 

Übrigens: Mehr über Triest erfahren Sie hier.

3

Porto Venere statt Cinque Terre

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Wie die Cinque Terre, nur nicht so voll: Porto Venere in Ligurien

Millionen Tourist:innen auf nur zwölf Kilometern Küstenlinie: Die schmalen Gassen der Cinque Terre sind in den Sommermonaten maßlos überlaufen. Kein Wunder, ist der Anblick der bunten Häuschen auf den steilen Felsen der italienischen Riviera doch besonders ikonisch und ein äußerst beliebtes Instagram-Motiv. Doch auch der schönste Ausblick nützt nichts, wenn man ihn nicht genießen kann. 

Wer den Reiz der Region dennoch erleben will, dem legen wir eine Reise nach Porto Venere ans Herz. Rund 45 Kilometer südlich von Monterosso al Mare, Vernazza und Co. liegt diese lauschige Gemeinde. Ebenso wie ihre berühmten Nachbarn ist der Ort Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und besticht mit bunten Fischerhäusern,  einem lauschigen Hafen und seiner spektakulären Lage entlang der Klippen. Übrigens: Den besten Blick auf Porto Venere haben Besucher:innen vom Aussichtspunkt Terrazza del Molo. Ein besonderes Highlight ist auch die Kirche San Pietro, die auf einem steilen Felsen über dem Meer thront. Durch die Säulen der Loggia eröffnet sich ein fantastischer Ausblick auf die Riviera. Neben der Altstadt lohnt auch ein Besuch der Festung Doria und der Byron Grotte samt Badestellen. Wer noch mehr Ruhe sucht, setzt mit dem Schiff auf die vorgelagerte Insel Palmaria über. Hier warten weitere Grotten wie die Grotta Azurra, Buchten, Klippen und wilde Natur darauf, entdeckt zu werden – vom Massentourismus hingegen fehlt jede Spur. 

4

Valencia statt Barcelona

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Die Plaza del Ayuntamiento ist einer der elegantesten Orte in Valencia – und besonders schön bei Sonnenuntergang.

Mit dem Flugzeug bestens zu erreichen und ein Hotspot für Erasmus-Studierende, feierfreudige Gruppen und Kreuzfahrer:innen: Die katalanische Hauptstadt Barcelona ist ganzjährig ein hochfrequentiertes Reiseziel. Die Touristenströme konzentrieren sich längst nicht mehr nur auf die berühmten Ramblas, den Plaça Catalunya oder die Sagrada Família. Anwohner:innen protestieren seit Jahren gegen den Massen- und Kreuzfahrttourismus; auf Graffitis, Bannern und Plakaten fordern sie „Tourists go Home“ und auch die Politik ergreift zunehmend Maßnahmen.

Zeit also, sich nach einer alternativen Destination umzusehen. Ebenfalls am Mittelmeer gelegen, kulturell interessant und von vielen europäischen Flughäfen aus gut zu erreichen ist die Metropole Valencia. Berühmt als Heimat der Paella und für ihre süßen Orangen, lockt Valencia zudem mit ihren kulinarischen Besonderheiten. Anders als in der maßlos überfüllten, kommerziellen Boqueria von Barcelona, lädt der Mercat Central zu einem entspannten Einkaufsbummel ein. Unter der imposanten Kuppel der Markthalle können sich Besucher:innen durch authentische Spezialitäten und lokale Zutaten probieren. Ebenfalls sehenswert sind die Kathedrale von Valencia mit dem Miguelete-Turm, der einen tollen Blick auf die Stadt eröffnet, sowie die historische Seidenbörse Lonja de la Seda. Wer sich nach Meer sehnt, steigt in die Bahn, ins Taxi oder aufs Fahrrad: Fünf Kilometer östlich des Zentrums liegen die Strände Las Arenas und Malvarrosa Beach. 

5

Menorca statt Mallorca

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Traumhafte Bucht: Die Cala Macarella auf Menorca

Hoher CO₂-Ausstoß, massiver Wasserverbrauch, Müll und Lärm: Auch die beliebte Baleareninsel Mallorca leidet unter den Auswirkungen des Massentourismus. Mit Aktionen und Protesten machen die Mallorquiner:innen immer wieder auf die Missstände aufmerksam. In den Partyhochburgen versucht die Inselverwaltung mit Verboten der Lage Einhalt zu gewähren und fördert andernorts hochwertigen und nachhaltigen Tourismus. 

Dieselben klimatischen Bedingungen und gleichermaßen bezaubernde Strände und Buchten finden Urlauber:innen auf der zweitgrößten Insel der Balearen, Menorca. Mehr als die Hälfte des Eilandes steht unter Naturschutz, darunter der Naturpark s’Albufera d’Es Grau mit seinen Lagunen und Sumpfgebieten. Wie auf Mallorca bestimmen Pinienwälder, weißer Sand und türkisblaues Wasser die Küstenregionen. 

Die Cala Turqueta und die Cala Macarelleta sind nur zwei der vielen paradiesischen Buchten, die zum Baden, Schnorcheln und Sonnen einladen. Wer gern wandert, kann entlang des jahrhundertealten Weges Camí de Cavalls die gesamte Insel umrunden oder einzelne Etappen erkunden. Auch in Sachen Kultur braucht sich Menorca nicht zu verstecken. Sehenswert ist zum Beispiel die denkmalgeschützte Altstadt von Ciutadella im Westen mit ihrer Kathedrale Santa María, den Stadtpalästen und dem hübschen Hafen. Etwas voller wird es im Sommer in der Inselhauptstadt Mahón. Dennoch sind die vielen Plätze, der Parc des Freginal und der Hafen längst nicht so überlaufen wie Mallorcas Pendent Palma

6

Coimbra statt Lissabon

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Farbige Häuser auf Hügeln am Fluss: Optisch gleicht Coimbra der portugiesischen Hauptstadt Lissabon

Mit der ikonischen Straßenbahn die Altstadt von Lissabon erkunden? Im Sommer kaum eine Chance. Dann findet man in den gelben Eléctricos de Lisboa nur mit viel Glück noch einen Platz. Auch im Castelo de São Jorge, rund um den Elevador de Santa Justa und am Platz Praça do Comércio ist oft kein Durchkommen mehr. Ähnlich zeigt sich die Lage im nahen Ausflugsziel Sintra, wo minütlich neue Busladungen und überfüllte Züge eintreffen. 

Weitaus ruhiger hingegen läuft das Leben auf den Straßen und Plätzen von Coimbra am Ufer des Mondego. 200 Kilometer nördlich von Lissabon trumpft die einstige Hauptstadt Portugals mit Kultur, Sehenswürdigkeiten und einer bewegten Historie auf. Die Ursprünge Coimbras reichen zurück in die Zeit der Kelten, als hier eine erste Siedlung entstand. Mit dem Bau der Römerstraße von Olisipo gewann die aufstrebende Stadt zunehmend an Bedeutung. Heute ist sie vor allem bei Studierenden beliebt. Die Universität Coimbra zählt zu den ältesten Europas, gilt als Weltkulturerbe und zählt mehr als 20.000 Studierende. Auch deshalb finden Besucher:innen hier ein buntes Kultur- und Nachtleben samt Festivals, Creative Spaces und Kneipen. Sehenswert sind neben der ehrwürdigen Universität auch der Botanische Garten, das Nationalmuseum Machado de Castro, die Kathedrale Sé Velha und die Biblioteca Joanina. Tipp: Verpassen Sie keinesfalls eine Vorstellung des Fado de Coimbra. Als lokale Besonderheit wird der typisch portugiesische Gesang hier meist von Studierenden vorgetragen. In den Abendstunden erfüllt die melancholische Musik vielerorts die Plätze und Lokale. 

7

Utrecht statt Amsterdam

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Zur Blütezeit verwandeln sich die Kanäle in Utrecht in ein buntes Spektakel.

Keine Kreuzfahrtschiffe und Touristen-Busse mehr, Cannabis- , Alkohol- und Airbnb-Verbot, Obergrenzen für touristische Übernachtungen, eingeschränkte Öffnungszeiten: Die Stadtverwaltung von Amsterdam plant einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, um den Massentourismus abzuschwächen und die daraus resultierenden Probleme zu lösen. „Stay away“ lautet der Slogan einer offiziellen Online-Kampagne der Stadt, die an den Wochenenden regelmäßig an ihre Grenzen stößt. 

Wer dieser Aufforderung nachkommen will und dennoch den Charme der niederländischen Städte erleben möchte, dem legen wir eine Reise nach Utrecht ans Herz. Nur 40 Kilometer und eine kurze Zug- oder Autofahrt entfernt von Amsterdam liegt diese spannende Metropole. Weder auf die typischen Kanäle und Grachten noch auf Fahrräder, Cafés und sehenswerte Museen muss man hier verzichten. Für einen ersten Überblick vor Ort lohnt der Aufstieg auf den 112 Meter hohen Domturm. Von hier aus eröffnet sich ein toller Blick auf die Altstadt, aber auch auf die modernen Gebäude wie den futuristischen Bahnhof Utrecht Centraal. Alternativ führen Kanalfahrten entlang der Sehenswürdigkeiten von Utrecht und auch zu Fuß lässt sich die Stadt mit ihren Werftkellern und Grachtenhäusen bestens erkunden. Anders als in Amsterdam liegen viele Restaurants und Terrassen direkt am Kanal, so dass man einen unverbauten Blick aufs Wasser genießen kann. Eine große Auswahl an Restaurants, Cafés und Geschäften findet sich entlang der zwei berühmtesten Wasserstraßen, der Oudegracht und der Nieuwegracht.